a) Weitere Einsetzung als Erbe oder Vermächtnisnehmer
Rz. 23
Eine Einsetzung des Verzichtenden als Erbe oder Vermächtnisnehmer ist weiterhin möglich. Der Verzichtende kann auch auf einen Bruchteil des gesetzlichen Erbrechts verzichten oder sich sein Pflichtteilsrecht weiter vorbehalten. Ein Teilverzicht erstreckt sich nur auf die ideelle Erbquote. Unzulässig ist allerdings eine Beschränkung auf einen einzelnen Gegenstand oder einen Inbegriff von Nachlassgegenständen, weil dies dem Grundsatz der Universalsukzession widerspräche. Der Erbverzicht kann sich aber auch nur auf das Hoferbrecht nach der Höfeordnung beziehen. Ein Erbverzicht wirkt sich allerdings nicht in umgekehrter Folge aus.
b) Abfindung und Erbringung von Gegenleistungen
Rz. 24
Die Abfindung ist kein Entgelt für den Erbverzicht, sondern eine unentgeltliche Zuwendung. Bei einem Verzicht gegen Abfindung ist es vernünftig, ausdrücklich auch die Erstreckung auf die Abkömmlinge anzuordnen, da andernfalls dieser Stamm vor den anderen Stämmen bevorzugt würde.
Macht man den Erbverzicht von der Erbringung von Gegenleistungen abhängig, so dürfte hierin der sicherste Weg für den Verzichtenden bestehen. Am effektivsten hat sich in der Rechtspraxis die Bedingung nach §§ 158 ff. BGB erwiesen. Eine solche Bedingung kann z.B. sein:
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Zahlung einer bestimmten Abfindung |
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Erhalt eines Vermächtnisses für den Verzichtenden |
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Verzicht zugunsten eines anderen gem. § 2350 BGB. |
Der Dritte wird im letzten Beispiel aber nicht automatisch Erbe, da hierzu selbstverständlich die Berufung im Wege der gesetzlichen Erbfolge oder durch Verfügung von Todes wegen notwendig ist. Wird der Dritte nicht Erbe, dann ist der Verzicht aufgrund des Nichteintritts der Bedingung nicht wirksam. Will der Verzichtende eine Bindung zugunsten einer bestimmten dritten Person erreichen, so muss er einen Erbvertrag mit dem Erblasser schließen. Es empfiehlt sich aus naheliegenden Gründen auf jeden Fall, den Beweis des Bedingungseintritts sicherzustellen.
Des Weiteren ist bei Geldleistungen an eine notariell beurkundete Zwangsvollstreckungsunterwerfungsklausel gem. § 794 ZPO zu denken. Als weitere Absicherungsmöglichkeit der Gegenleistung (z.B. langfristige Geldzahlungen) sollte ggf. eine Grundschuld eingetragen werden.
Rz. 25
Wie man das Kausalgeschäft, den Abfindungsvertrag, mit dem abstrakten Erbverzicht verknüpft, hängt im Einzelfall vom Parteiwillen, also von den vertraglichen Regelungen und deren konkreter Auslegung ab. Dabei werden in der Literatur verschiedene Möglichkeiten der Verknüpfung diskutiert. Allerdings erfolgt dies meist unter dem Blickwinkel des Schutzes des Verzichtenden vor Leistungsstörungen u.Ä.
Rz. 26
Ein unentgeltlicher Verzicht stellt keine Schenkung des Verzichtenden gegenüber dem Erblasser, sondern einen Vertrag sui generis dar.
In den Fällen des Verzichts gegen Abfindung (entgeltlicher Verzicht) soll der Pflichtteilsergänzung nach § 2325 Abs. 1 BGB unterliegen, was über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 konkretisiert der BGH den erforderlichen Willen zur Unentgeltlichkeit dahingehend, dass dieser im Zweifel dann unterstellt wird, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt. Demgegenüber kann es gegen eine Schenkung sprechen, wenn die Zuwendung wertmäßig deutlich hinter der Erberwartung zurückbleibt. Im Übrigen stellt der BGH auf die Umstände des Einzelfalls ab. In der Literatur spricht sich die wohl mittlerweile h.M. für eine Qualifikation der Abfindung als unentgeltliche Zuwendung i.S.v. § 516 BGB aus. Da sich die Vertragsparteien bewusst seien, dass durch die Leistung der Abfindung einzig und allein die Erbfolgeregelung vorweggenommen werde, erfüllen sie auch das subjektive Merkmal der "Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung" i.S.d. § 516 Abs. 1 BGB. Die Einordnung der Abfindung für einen Erbverzicht als Schenkung im Sinne des BGB hat eine immense Ausstrahlungswirkung nicht nur auf das Schenkungsrecht (man denke hier an §§ 528, 530 BGB), sondern umso stärker auf das praxisrelevante Pflichtteilsrecht, und dort im Besonderen auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB.
Rz. 27
Der Erbverzicht bildet selbst mit der Abfindungsvereinbarung keinen gegenseitigen Vertrag i.S.d. §§ 320 ff. BGB, denn der Erbverzicht als abstraktes Rechtsgeschäft kann nicht im Synallagma zu der Abfindungsvereinbarung stehen. Vielmehr kann dem Erbverzicht nur ein kausales Rechtsgeschäft zugrunde liegen, das eine Verknüpfung zwischen dem Erbverzicht und der Abfindung herstellt. Dieses Kausalgeschäft kann ein Vertrag i.S.d. §§ 320 ff. BGB sein, der den Erblasser zur Leis...