Rz. 117

Bei erbvertraglichen Zuwendungen ist Voraussetzung für den Verzicht, dass der Bedachte "Dritter", also nicht Vertragspartner des Erbvertrages ist. Der Begriff des Dritten ist entsprechend dem Änderungsbedürfnis einschränkend aufgrund einer teleologischen Reduktion auszulegen.[228]

Vertragsparteien sind also entweder die im Testament Bedachten und der Erblasser oder der im Erbvertrag des Erblassers eingesetzte Dritte. Dritter ist[229]

jeder, der am Abschluss dieses Erbvertrages nicht formell beteiligt gewesen ist;
beim mehrseitigen Erbvertrag jeder, zu dessen Gunsten eine vertragsmäßige Verfügung enthalten ist;
der Erbvertragspartner selbst, wenn eine Aufhebung wegen zwischenzeitlich eingetretener Geschäftsunfähigkeit des Erblassers unmöglich geworden ist.
 

Rz. 118

Die Vertragsschließenden eines Erbvertrages können seine vertragsmäßigen Verfügungen, auch wenn sie Erblasser und Begünstigter sind, nicht durch einen Zuwendungsverzichtsvertrag aufheben, sondern nur durch einen Aufhebungsvertrag gem. § 2290 BGB.[230]

 

Rz. 119

Der Zuwendungsverzicht bedarf ferner wie auch der Erbverzicht der notariellen Form gem. §§ 2352 S. 3, 2348 BGB.[231]

 

Rz. 120

Darüber hinaus kann er auch nur persönlich abgeschlossen werden. Insoweit und wegen der Genehmigungen verweist § 2352 S. 3 BGB auf § 2347 BGB. Somit gelten die Ausführungen wie beim Erbvertrag. Danach kann der Verzichtende, nicht aber der Erblasser sich vertreten lassen.

 

Rz. 121

Eine Kombination mit dem Erb- oder Pflichtteilsverzicht ist ohne weiteres möglich. Eine Erklärung, sowohl auf Erb-, als auch auf Pflichtteilsansprüche gegen den Nachlass zu verzichten, enthält regelmäßig auch einen Verzicht auf Zuwendungen, die zum Verzichtszeitpunkt vorhanden waren.[232] Hierauf sollte im Rahmen der Belehrung geachtet werden. Auf die Pflichtteilsquote wirkt sich der Zuwendungsverzicht (im Gegensatz zum Erbverzicht, § 2310 S. 2 BGB) nicht aus.[233] Ob Erklärungen nur als Erbverzicht zu verstehen sind oder ob sie auch als Zuwendungsverzicht anzusehen sind, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.[234]

 

Rz. 122

Auf die Vorschriften des Erbvertrages in den §§ 2346, 2350 und 2351 BGB wird ausdrücklich nicht verwiesen. Sie sind somit nicht auf den Zuwendungsverzicht direkt anwendbar.

 

Rz. 123

Ein bedingter Zuwendungsverzicht ist möglich.[235] Ein solcher ist insbesondere empfehlenswert beim entgeltlichen Zuwendungsverzicht zur Absicherung des Verzichtenden. Ferner kann nach der h.M.[236] auch ein relativer zugunsten eines anderen erklärter Zuwendungsverzicht geschlossen werden, da § 2350 Abs. 1 BGB zumindest analog anwendbar ist.[237]

 

Rz. 124

Unterschiede zum Erbverzichtsvertrag gibt es hinsichtlich der Auslegung, Aufhebung[238] oder Anfechtung nicht.

[228] Dazu vgl. auch J. Mayer/Spall, in: Reimann/Bengel/Dietz, Syst. A Rn 445.
[229] Nach Kornexl, Der Zuwendungsverzicht, Rn 568; vgl. auch MüKo/Wegerhoff, § 2352 BGB Rn 8 m.w.N.
[230] MüKo/Wegerhoff, § 2352 BGB Rn 8; Grüneberg/Weidlich, § 2352 BGB Rn 3 m. Hinweis auf OLG Hamm BeckRS 1977, 01729; Otto, Münchener Vertragshandbuch, Band 6, Kap. XVI. Rn 3 Abs. 6 unter Hinweis auf OLG Stuttgart DNotZ 1979, 107.
[231] Dies gilt auch für eine gleichzeitige Entgeltabrede.
[232] So BGH DNotZ 1972, 500.
[233] Krauss, Rn 4273.
[235] BGH NJW 1974, 43, 44; BeckOK/Litzenburger, § 2352 BGB Rn 12; Staudinger/Schotten, § 2352 BGB Rn 25 m.w.N.
[236] Dazu ausführlich Reul, MittRhNotK 1997, 385 m.w.N.
[237] In der Kautelarpraxis sollte durch eine genaue Formulierung eine Auslegung umgangen werden.
[238] Nach ganz h.M. kommt § 2351 BGB analog zur Anwendung, vgl. BGH ZEV 2008, 237, 238; MüKo/Wegerhoff, § 2352 BGB Rn 19 m.w.N.; ablehnend Kornexl, Der Zuwendungsverzicht, Rn 550 ff.; Kornexl, ZEV 2008, 240. Ein Rücktritt ist allerdings wegen der abstrakten Rechtsnatur nicht möglich.

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