aa) Güterrechtliche und unterhaltsrechtliche Folgen
Rz. 29
Der Erbverzicht umfasst nicht automatisch den Zugewinnausgleichsanspruch des Ehepartners (siehe Rdn 98 ff.). Aus diesem Grund sollte auf jeden Fall ein Ehevertrag geschlossen werden, der den Ausschluss des Zugewinnausgleichsanspruchs beinhaltet oder die Gütertrennung vorsieht. Schließt der Ehegatte einen Erbverzichtsvertrag, wird aber gleichwohl Erbe oder Vermächtnisnehmer durch eine Verfügung von Todes wegen, so bleibt es bei der erbrechtlichen Lösung, wonach keine Erhöhung des Erbteils nach § 1371 Abs. 1 BGB erfolgt. Ein Zugewinnausgleich erfolgt ebenso nicht, sofern der Ehegatte nicht ausschlägt. Wegen des Erbverzichts kann der Ehegatte dann aber auch keinen Pflichtteil verlangen.
Rz. 30
Wegen §§ 1615, 1360a Abs. 3 BGB gehen sämtliche Unterhaltsansprüche mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen unter, sofern nicht ausnahmsweise der Fall des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs geschiedener Ehegatten sowie der Ausschluss des Ehegattenerbrechts nach § 1933 BGB gegeben ist. In den letztgenannten Fällen geht die Unterhaltsverpflichtung auf die Erben über, wobei die Erbenhaftung auf die Höhe des fiktiven kleinen Pflichtteils nach § 1586b BGB beschränkt ist. Bei der aus § 1586b BGB auf die Erben übergehenden Unterhaltspflicht handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit. Hat der überlebende Ehegatte auf sein Erbrecht verzichtet, so soll nach herrschender Ansicht der Unterhaltsanspruch entfallen und somit nicht die Erben belasten.
Rz. 31
Problematisch ist die Wertberechnung des fiktiven Pflichtteils zur Bemessung der Haftungsquote. Die Erbteilserhöhung nach § 1371 BGB spielt vorliegend keine Rolle. Es kommt vielmehr zu einer Fiktion des Fortbestands der geschiedenen Ehe bis zum Tod des Unterhaltsverpflichteten. Demzufolge muss für die Berechnung der gesamte Nachlass berücksichtigt werden. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 29.11.2000 klargestellt, dass die pflichtteilsgleiche Haftungssumme des § 1586b BGB auch einen fiktiven Pflichtteilsergänzungsanspruch des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten umfasst. Im Rahmen eines Prozesses besteht die allgemeine Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass mit dem prozessualen Haftungsbeschränkungsvorbehalt des § 780 ZPO.
bb) Konsequenzen für die Kautelarpraxis
Rz. 32
Da nach dem Tod des geschiedenen Ehegatten der nacheheliche Unterhaltsanspruch gegen die Erben gem. § 1586b Abs. 1 BGB beim Verzichtenden untergeht, sollte in der Vereinbarung über einen nachehelichen Unterhalt klarstellend erläutert werden, ob die Unterhaltspflicht mit dem Tod des Erblassers erlöschen soll, ob sie z.B. bis zur Grenze des fiktiven Pflichtteils nach § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB oder ohne summenmäßige Begrenzung bestehen soll.
Rz. 33
Sollen die Unterhaltsansprüche mit dem Tod des Unterhaltsverpflichteten erlöschen, ist ausdrücklich zu erklären, dass die §§ 1586b und 1933 S. 3 BGB nicht anwendbar sind.
Rz. 34
Sofern die Unterhaltsansprüche nicht untergehen sollen, ist beim Pflichtteilsverzicht zu differenzieren und klarzustellen, dass der Überlebende so gestellt werden soll, als ob er den Pflichtteilsverzicht nicht erklärt hätte.
Wurde der Unterhalt im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung abweichend vom Gesetz geregelt, sollte vorsorglich ein Erbvertrag beurkundet werden, in dem die Erben des Unterhaltsverpflichteten mit einem Vermächtnis zugunsten des Unterhaltsberechtigten beschwert werden.
Rz. 35
Die Eltern eines Erblassers können neben dem im Gütertrennung lebenden und vom Erblasser bedachten Ehegatten des Erblassers keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen, wenn die Abkömmlinge des Erblassers auf ihre Erb- und Pflichtteile gegen Entgelt verzichtet haben.
Rz. 36
Eine weitere Konsequenz aus der Rechtsprechung des BGH ist, dass bei Zuwendungen unter Ehegatten immer auch an die Anrechnungsbestimmung nach § 2315 BGB zu denken ist, um die Unterhaltslast der Erben nach § 1586b BGB zu verringern. Ebenso sollte der unterhaltspflichtige Ehegatte nur zum Vorerben berufen werden, wenn ihm sein zweiter Ehepartner größeres Vermögen zuwenden will.