Rz. 92
Nicht selten bilden Grundstücke den wesentlichen Teil des Nachlassvermögens. Für Verfügungen des nichtbefreiten Vorerben über Nachlassgrundstücke bietet der von Amts wegen einzutragende Nacherbenvermerk im Grundbuch grundbuchmäßige Sicherung. Er bewirkt jedoch keine Grundbuchsperre. Nach § 51 GBO sind in diesen auch die bedachten Ersatznacherben und Befreiungen des Vorerben nach §§ 2136, 2137 BGB einzutragen. Erwirbt ein Vorerbe nach Auseinandersetzung und Freigabe der Nacherben ein Grundstück zu Eigenvermögen, stellt sich die Frage nach dem Schicksal des Nacherbenvermerks im Grundbuch.
Rz. 93
Vor Eintritt des Nacherbfalls kann ein Nacherbenvermerk im Grundbuch nur gelöscht werden, wenn entweder alle potenziell Betroffenen die Löschung bewilligt haben (§ 19 GBO) oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist (§§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 GBO).
Rz. 94
Die Löschungsbewilligung hat aufgrund des häufig ausufernden Umfangs der potenziell Betroffenen in der Praxis kaum Relevanz. Die Löschungsbewilligung ist von allen Nacherben abzugeben. Hierzu zählen die weiteren Nacherben, bedingte Nacherben, Zessionare einer Nacherbenanwartschaftsübertragung und auch Pfandgläubiger des Nacherbenanwartschaftsrechts. Daneben müssen alle potenziellen Ersatznacherben die Löschung bewilligen. Für unbekannte Nacherben und Ersatznacherben muss auch hier ein Pfleger handeln, der zu seiner Bewilligung der vormundschaftlichen Genehmigung bedarf. Neben der Bewilligung bedarf es keiner weiteren Anhörung der Nach- und Ersatznacherben.
Rz. 95
Dem Unrichtigkeitsnachweis kommt demgegenüber praktisch eine durchaus größere Bedeutung zu. Unrichtig ist das Grundbuch dann, wenn sein Inhalt hinsichtlich eines Rechts an einem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 BGB bezeichneten Art mit der wahren (also materiellen) Rechtslage nicht übereinstimmt. Nachträglich unrichtig ist das Grundbuch also auch dann, wenn das vom Nacherbenvermerk erfasste Grundstück oder Grundstücksrecht endgültig, also mit Wirkung gegenüber dem Nacherben, aus dem Nachlass ausgeschieden ist bzw. mit dem Vollzug des Eigentumsübergangs aus diesem ausscheidet. Dies ist bei einem nichtbefreiten Vorerben bei Mitwirkung der Nacherben der Fall. Die Verfügung des befreiten Vorerben ist dauerhaft wirksam, wenn sie entgeltlich erfolgt.
Rz. 96
Bei der Löschung des Nacherbenvermerks nach §§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 GBO sind unstreitig die Nacherben zu beteiligen. Bei Verfügungen des nichtbefreiten Vorerben sind die Nacherben durch das Zustimmungserfordernis hinreichend beteiligt, sodass eine weitere Anhörung nicht erforderlich ist. Umstritten ist, ob es auch der Beteiligung der Ersatznacherben bedarf. Richtigerweise ist dies jedoch mit der h.M. in Rechtsprechung und Literatur abzulehnen. Dem Ersatznacherben stehen keinerlei Kontroll-, Sicherungs- oder Mitwirkungsrechte zu. Er hat vor Eintritt des Ersatzerbfalls keine eigenen Rechte. Seine Position ist daher regelmäßig zu schwach, als dass eine Verfügung des Vorerben seine Rechtsstellung beeinträchtigen könnte. Weder die Mitwirkung bei dem Vollzug der Verfügung des Vorerben noch eine Anhörung der Ersatznacherben im Grundbuchverfahren ist erforderlich.
Rz. 97
Die bloße Auseinandersetzung der Mitvorerbengemeinschaft führt noch nicht zur Unrichtigkeit, da sie die Nacherbenrechte unberührt lässt. Der Nacherbenvermerk verbleibt im Grundbuch. Hat der Nacherbe auf Verlangen des Vorerben die Freigabe erklärt, verlässt der Gegenstand die Nacherbenbindung. Das Grundbuch ist unrichtig. Entspricht die Freigabe der Form des § 29 GBO, ist der Vermerk zu löschen.