1. Die Rechtsstellung der Vorerben nach Eintritt des Nacherbfalls
Rz. 41
Mit Eintritt des Nacherbfalls fällt die Erbenstellung des oder der Vorerben weg (§ 2139 BGB). Die Vorerben bleiben so lange zu Verfügungen berechtigt, bis sie von dem Wegfall der Rechtsstellung Kenntnis haben oder haben mussten, § 2140 S. 1 BGB. Auf Verpflichtungen, die der Vorerbe nach Eintritt des Nacherbfalls eingeht, wird die Vorschrift entsprechend angewendet. Der Nacherbe ist verpflichtet, den Vorerben von der Verbindlichkeit zu befreien.
Rz. 42
Tritt der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben ein, fällt seine Berechtigung am Nachlass des ersten Erblassers nicht in seine Nachlassmasse. Die Erben des Vorerben sind nur Rechtsnachfolger hinsichtlich seines Eigenvermögens.
2. Die Rechtsstellung der Nacherben nach Eintritt des Nacherbfalls
Rz. 43
Mit Eintritt des Nacherbfalls fällt die Erbschaft an den Nacherben (§ 2139 BGB). Er tritt in die Stellung des Vorerben an der Erbschaft von selbst ein. Der Nacherbe wird automatisch Eigentümer der Nachlassgegenstände, Gläubiger der Nachlassforderungen und Schuldner der Nachlassverbindlichkeiten.
Rz. 44
Gem. § 857 BGB geht der Besitz nur automatisch auf den Nacherben über, soweit der oder die Vorerben den unmittelbaren Besitz an Nachlassgegenständen nicht ergriffen haben. Bereits tatsächlich ergriffener Besitz muss vom Vorerben – oder dessen Rechtsnachfolgern – auf den Nacherben übertragen werden.
Rz. 45
Sind mehrere Nacherben für einen Alleinvorerben berufen, bilden diese eine Mitnacherbengemeinschaft unter sich. Sie treten in gesamthänderischer Verbundenheit an die Stelle des Vorerben. Sie bilden eine gewöhnliche Erbengemeinschaft unter Geltung der allgemeinen Vorschriften.
Rz. 46
War der verstorbene Vorerbe Mitglied einer ungeteilten Mitvorerbengemeinschaft, werden die Nacherben Mitglieder dieser Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft besteht sodann aus Vorerben und Nacherben. Die Nacherben bilden dabei eine gesamthänderische Untergruppe innerhalb der Mitvorerbengemeinschaft. Diese zusätzliche gesamthänderische Verbundenheit ist gerechtfertigt, weil sich die Belastung der angeordneten Nacherbschaft nur auf den ausscheidenden Vorerben beziehen darf. Als Rechtsnachfolger des ersten Erblassers sind die eintretenden Nacherben zwar keine Erbeserben des ausscheidenden Vorerben. Der oder die Nacherben lösen jedoch den Vorerben ab, weshalb ihre Berechtigung derart an seine Rechtsposition geknüpft ist, dass eine zusätzliche gesamthänderische Verbundenheit der eintretenden Nacherben erforderlich ist.
Rz. 47
Rz. 48
Hat der Erblasser keine gestufte Nacherbfolge angeordnet, sind die eintretenden Nacherben unbeschränkte Vollerben des ersten Erblassers. An dem Nachlass des Erblassers besteht dadurch teilweise Vor- und teilweise Vollerbschaft. Zum Schutz der Nacherben gelten die Verfügungsbeschränkungen bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft für den gesamten Nachlass.
Rz. 49
Tritt der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben ein und sind als Nacherben die Erben des Vorerben eingesetzt, sind die Nacherben unmittelbar an zwei Erbengemeinschaften beteiligt: Sie treten in die Erbengemeinschaft nach dem ersten Erblasser ein und bilden mit möglichen weiteren Erben des zweiten Erblassers eine weitere Erbengemeinschaft. Hinsichtlich des Eigenvermögens des zweiten Erblassers sind sie in ihrer Verfügungsfreiheit zu keinem Zeitpunkt durch die Vor- und Nacherbschaft beschränkt.
3. Die Abwicklung zwischen dem Vorerben und dem Nacherben
Rz. 50
Sind an der Abwicklung mehrere Vorerben und mehrere Nacherben beteiligt, sind die Grundsätze der Gesamtschuld zu beachten: Bei mehreren Nacherben können Vorerben nur an alle gemeinschaftlich leisten, aber jeder Nacherbe kann Leistung an alle verlangen. Die erbrachte Leistung geht in das Gesamthandsvermögen der Mitnacherbengemeinschaft über.
Rz. 51
Tritt der Nacherbfall – wie in aller Regel – mit dem Tod des Vorerben ein, treten die Erben des Vorerben an seine Stelle. Sie machen die Rechte des Vorerben nach Eintritt des Nacherbfalls gemeinschaftlich geltend.
a) Herausgabeanspruch
Rz. 52
Mit Eintritt des Nacherbfalls haben Nacherben einen Anspruch auf Herausgabe der gesamten Erbschaft – einschließlich hinzugetretener Surrogate – gegen den Vorerben bzw. dessen Nachfolger (§ 2130 BGB). Herauszugeben ist die Erbschaft in dem Zustand, der bei Annahme fortgesetzter ordnungsgemäßer Verwaltung vorläge. Bei Verstoß gegen diesen Grundsatz macht sich der Vorerbe schadensersatzpflichtig. Seine Haftung ist dabei jedoch auf...