A. Einleitung, §§ 1814 Abs. 2 Nr. 1, 1815 Abs. 3, 1820 Abs. 3 BGB n.F.
Rz. 1
Auf die Vorsorgevollmacht und die damit verbundene Kontrollbetreuung wird in den §§ 1820 und 1815 Abs. 3 BGB n.F. eingegangen. In § 285 FamFG n.F. werden die Vollmachtsvorlage bei Gericht und die Registrierungsabfrage geregelt. Im Übrigen wird die Vorsorgevollmacht bei dem Ehegattenvertretungsrecht (dieses ausschließend, § 1358 Abs. 3 Nr. 2 lit. b BGB n.F., siehe § 10 Rdn 20 f.) und im Betreuungsorganisationsgesetz (§§ 5, 15 BtOG: Informations- und Beratungspflichten, § 6 BtOG: Förderung, § 7 BtOG: Beglaubigung) genannt.
Von einer Definition der Vorsorgevollmacht wurde bewusst und trotz eines Vorschlages des Bundesrates abgesehen, um nicht unbeabsichtigt Vollmachten zu entwerten, die ihr nicht entsprechen.
Rz. 2
Der Vorrang der Vorsorgevollmacht als Ausdruck der Selbstbestimmung wurde in § 1814 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F. im Gegensatz zu § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. systematisch deutlicher herausgestellt, bleibt inhaltlich aber weitgehend unverändert. Durch das Ersetzen der Worte "ebenso gut" durch das Wort "gleichermaßen" in Bezug auf die Tätigkeit eines Betreuers wurde klargestellt, dass sich ein ehrenamtlicher Vorsorgebevollmächtigter in seiner fachlichen Qualifikation nicht mit einem Berufsbetreuer messen muss (siehe § 17 Rdn 17).
Rz. 3
Insgesamt hält sich die Reform hinsichtlich der Vorsorgevollmachten deutlich zurück. Diese bewusste Entscheidung ist angesichts des Umfanges der sonstigen Änderungen nachvollziehbar, nichtsdestotrotz äußerst bedauerlich, sind doch Missbrauchs- und Akzeptanzprobleme bei Vorsorgevollmachten inzwischen praktisch und rechtlich von erheblicher Relevanz. Die Forderungen nach einer intensiven Befassung mit dem Thema des Vollmachtsmissbrauchs und darüber hinaus der unlauteren Einflussnahme auf ältere Menschen allgemein tragen z.B. mit einer Expertenanhörung im Bundestag schon Früchte und sollten in kurzfristige Forschungsvorhaben und erste konkrete Maßnahmen münden (z.B. Schaffung von Anlaufstellen für Betroffene bzw. deren Angehörige).
B. Gestaltung: Form, § 1820 Abs. 2 BGB n.F.
Rz. 4
Das Schriftformerfordernis für besondere Maßnahmen der medizinischen Behandlung oder Freiheitsentziehung nach den §§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5, 1906a Abs. 5 BGB a.F. ist nun in § 1820 Abs. 2 BGB n.F. zu finden (siehe § 14 Rdn 2). Hingewiesen wird auch auf die Notwendigkeit, die Befugnis "ausdrücklich" zu gewähren, so dass eine bloße Normennennung in der Vollmacht nach wie vor nicht genügt. Weitergehende Formerfordernisse wurden bewusst nicht aufgenommen.
Rz. 5
Für bisherige Gestaltungen ist in Bezug auf die Schriftformerfordernisse, nun nach § 1820 Abs. 2 BGB n.F., anzunehmen, dass eine Nennung der alten Normen §§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5, 1906a Abs. 5 BGB a.F. keinen Einfluss auf die Wirksamkeit hat. Vorsorgevollmachten sind der Auslegung zugänglich, so dass eine Verweisung nun auf § 1820 Abs. 2 BGB n.F. zu antizipieren ist.
Eine Änderung alter Vorsorgevollmachten ist also nicht notwendig. Sie kann aber erfolgen, Geschäfts- bzw. Einwilligungsfähigkeit vorausgesetzt. Wenn die Vorsorgevollmacht nicht gänzlich neu erstellt werden soll, kommt bei privatschriftlichen Exemplaren auch eine Korrektur im Text mit Neuunterzeichnung und einem empfehlenswerten Abkürzeln der Änderungen im Text in Frage.
Rz. 6
Bei beglaubigten Exemplaren erscheint das problematisch und bei beurkundeten ausgeschlossen. Wenn der Vollmachtgeber eine Original-Vorsorgevollmacht, bei der er seine Unterschrift beglaubigen ließ, ändert, verändert er eine Urkunde. Keinesfalls sollte er vortäuschen, dass die Beglaubigung sich auch auf die Veränderung bezieht. Eine Verfälschung im Sinne von § 267 StGB liegt nahe. Wenn der Vollmachtgeber deutlich macht, dass es sich um eine nachträgliche Änderung handelt, wird sich jedenfalls die Beglaubigung nicht auf diese Änderung beziehen. Akzeptanzprobleme sind denkbar. Vorzugswürdig könnte ein Zusatz sein, der unter der Beglaubigung angebracht und neu unterzeichnet wird, wenn nicht eine von den Kosten her überschaubare Neubeglaubigung erfolgt.
Rz. 7
Formulierungsbeispiel: Ergänzung Vorsorgevollmacht
In meiner Vorsorgevollmacht werden die Befugnisse des Bevollmächtigten zu meiner Vertretung bei besonders gefährlichen Maßnahmen der medizinischen Behandlung, Freiheitsentziehung, medizinischen Zwangsmaßnahmen und Verbringungen erwähnt. Auch wenn die genannten Normen §§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5, 1906a Abs. 5 BGB ab dem 1.1.2023 nun in § 1820 Abs. 2 BGB zusammengefasst wurden, ändert sich an den Befugnissen des Bevollmächtigten nichts. Sie bleiben erhalten.
(Datum, Unterschrift)
Rz. 8
Bei beurkundeten Vorsorgevollm...