Rz. 11
An der Abstraktheit der Vorsorgevollmacht von einem grundsätzlich ihr zugrunde liegenden Auftragsverhältnis gem. § 662 BGB ändert sich nichts. Beachtlich ist, dass dieser Grundsatz angenommen und in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnt wird.
Hinweis
Das Innenverhältnis bei einer Vorsorgevollmacht wird weiter nicht erwähnt, in der Gesetzesbegründung aber als grundsätzlich bestehend angenommen.
Dass dieser Umstand in der Bevölkerung und auch bei gestaltenden Juristen immer noch zu wenig bekannt ist und die Regelung des Innenverhältnisses daher vernachlässigt werden, war in der einschlägigen Facharbeitsgruppe bekannt. Da der Fokus der Reform aber nicht auf der Vorsorgevollmacht lag, wurde dieser Problematik nicht weiter nachgegangen.
Rz. 12
Nach hier vertretener Ansicht sollte das Innenverhältnis bewusst als Auftrag oder – z.B. bei lange miteinander verbundenen und einander vertrauenden Ehegatten – nicht als vertragliche Regelung ausgestaltet werden. Eine Gestaltung ist grundsätzlich in einem separaten Dokument vorzugswürdig, da es sich um einen Vertrag handelt im Gegensatz zur Vollmacht als einseitige Willenserklärung. Geregelt werden können bzw. sollten Fragen des Beginns und der Beendigung der Tätigkeit sowie der Vergütung, Haftung und Schenkungsberechtigung.
Rz. 13
Bisherige Vorsorgevollmachten, die sich auf das Betreuungsrecht beziehen, sollten mit Blick auf Änderungen durch die Reform überprüft werden. Dies gilt z.B. für die Vorsorgevollmachten nach dem Muster des BMJV. Dort ist es unter Vermögenssorge möglich, mit Ja oder Nein zu wählen, dem Bevollmächtigten die Befugnis zu geben "Schenkungen in dem Rahmen vornehmen, der einem Betreuer rechtlich gestattet ist."
Dieser Verweis auf das Betreuungsrecht war nach hier vertretener Ansicht noch nie günstig. So ist einer Überweisung beispielsweise nicht anzusehen, ob sie nicht eine Schenkung oder zumindest eine Teilschenkung darstellt. Insofern wäre danach nie klar, ob der mit solch einer Vorsorgevollmacht Bevollmächtigte überhaupt im Außenverhältnis berechtigt ist, eine Überweisung anzuweisen, so dass ihre Ausführung verweigert werden könnte.
Rz. 14
Mit der Reform ändern sich allerdings die Schenkungsbefugnisse für Betreuer (siehe § 2 Rdn 19–24). Insofern ist unklar, ob der Verweis auf das Betreuungsrecht in Alt-Vollmachten weiter auf das Recht bis zum 31.12.2022 gelten soll oder es ein dynamischer Verweis ist und damit die Regelungen ab 1.1.2023 anzuwenden sein sollen. Da Vollmachtgeber die zukünftige Entwicklung nicht vorausahnen konnten, spricht viel dafür, dass jeweils das alte Recht maßgeblich ist.
Hinweis
Vorsorgevollmachten wie die Muster des BMJV, die Verweise auf das Betreuungsrecht enthalten, sollten klarstellend angepasst werden.
Rz. 15
Für Betreuungen werden Beschränkungen bezüglich der Umgangsbestimmung (§ 1815 Abs. 2 Nr. 4 BGB n.F.) und des Aufenthaltes im Ausland (§ 1815 Abs. 2 Nr. 3 BGB n.F.) neu in das BGB aufgenommen. Die dahinterstehende Erwägung des Schutzes des Betreuten bei diesen wesentlichen Maßnahmen sind sinnvoll. Für Vorsorgebevollmächtigungen fehlen solche Regelungen. Sie können aber bei der Gestaltung einer Vorsorgevollmacht berücksichtigt und entsprechende Formulierungen in die Vorsorgevollmacht aufgenommen werden (zum Aufenthalt siehe § 11 Rdn 20–22, zum Umgangsrecht siehe § 11 Rdn 23–25).