Rz. 71

Nach AG Karlsruhe[147] ist die Einschaltung Privater zur Überwachung des fließenden Verkehrs allenfalls dann zulässig, wenn der private Mitarbeiter die erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und sich der Gemeindevollzugsbeamte in unmittelbarer Nähe aufhält und seinerseits die Aufsicht über den privaten Mitarbeiter führen kann. Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Aufsicht über den privaten mit der Verkehrsüberwachung betrauten Mitarbeiters ist, dass der Gemeindevollzugbeamte, welchem allein die hoheitliche Aufgabe der Überwachung des Straßenverkehrs obliegt, mit der Rechtslage und der Bedienung des Messgerätes vertraut ist.[148] Muss der Sachverständige in der Hauptverhandlung nach Befragen des Beamten feststellen, "dass dieser von dem Gerät technisch keine Ahnung habe", dann ist bei einer solchen Einsetzung eines nicht geschulten Messbeamten die Rechtmäßigkeit der Geschwindigkeitsmessung nicht mehr gegeben.[149]

 

Rz. 72

 

Hinweis

Ob der Gemeindevollzugsbeamte als Messbeamter im vorbeschriebenen Sinne mit der Bedienung des Messgeräts ausreichend vertraut ist, lässt sich in der mündlichen Verhandlung, insbesondere auch durch intensive Befragung die Verteidigung, feststellen. Fragen sind z.B.:[150]

was beinhaltet der aufmerksame Messbetrieb?
was schreibt die Bedienungsanleitung hierzu vor?
was ist konkret zu überwachen?
welche Signale (Warnleuchte/Piepton) treten bei welchem Fehler des Geräts auf?
was bedeutet der Begriff "PTB" (vor allem, wenn vermerkt ist, dass das Messprotokoll nach den Vorschriften der PTB und der Bedienungsanleitung des Herstellers aufgestellt, in Betrieb genommen und überwacht wird)?
wie bedeutsam ist eine ordnungsgemäße Arretierung des Messgeräts; welche Folgen hat sie?
 

Rz. 73

Auch die Festlegung des Ortes der Messung muss in Händen der Behörde verbleiben. Der Ort der Messung muss der Sicherung des Verkehrs dienen und darf nicht aus fiskalischen Gründen ausgewählt werden. Bei alledem reicht die ständige Anwesenheit der Hilfspolizistin allein nicht aus. Sie muss jedenfalls so informiert sein, dass sie die einzelnen Messvorgänge überprüfen kann. Ausdrücklich dahinstehen lässt das Gericht die Frage, ob die Radarmessung nur unwesentlich in grundrechtlich geschützte Belange des Betroffenen eingreift. Es kommt auch nicht darauf an, dass das Messergebnis ebenso auf ordnungsgemäßem Wege hätte sicher erlangt werden können.

 

Rz. 74

Ein Verwertungsverbot ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Ordnungsbehörde willkürlich zu Lasten des Betroffenen gehandelt oder die Messung unter bewusster Missachtung der für sie geltenden Bestimmungen angeordnet hatte.[151] Im Übrigen ist bereits die Ausführung des Messvorgangs als dem Bereich hoheitlichen Handelns zugehörig angesehen worden, so dass die private Durchführung des Messvorgangs durch einen sachkundigen Bediensteten der Gemeinde überwacht werden muss.[152] Ein Verstoß gegen diesen Kernbereich hoheitlicher Geschwindigkeitsüberwachung führt nach Ansicht des AG Freising zu einem Verfahrenshindernis.

 

Rz. 75

Maßnahmen der Geschwindigkeitsüberwachung und der Ermittlung und Verfolgung der sich daraus ergebenden Verkehrsverstöße gehören zum Bereich der öffentlichen Sicherheit und damit zum Kern der originären Staatsaufgaben.[153] Diese Aufgaben im hoheitlichen Funktionsbereich sind nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes vorbehalten, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.[154] Nach Ansicht des BayObLG ist eine Gemeinde mangels gesetzlicher Ermächtigung nicht befugt, eine private Firma mit der Messung, Registrierung und Dokumentation von Geschwindigkeitsverstößen zu beauftragen. Dies gilt auch, wenn die Gemeinde Ort, Zeit und Dauer der Messung bestimmt, die Auswertung der Messergebnisse selbst vornimmt und der für die Bedienung des Messgerätes bei der Privatfirma tätige Arbeitnehmer nur für die Zeit der Messung der Gemeinde als Leiharbeitnehmer zur Verfügung stand.[155] Allerdings sei damit nicht ohne weiteres ein Beweisverwertungsverbot gegeben.[156] Diese Erwägungen müssen in gleichem Umfang für die Beauftragung privater Firmen bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs gelten, da die Tätigkeit von Privaten zur Verfolgung von Parkverstößen sich nicht nur auf eine generelle, d.h. allgemein Gefahren abwehrende Verkehrsüberwachung beschränkt, sondern bereits individuellen Eingriffscharakter besitzt und damit den Beginn staatlicher Verfolgung darstellt.[157]

 

Rz. 76

Nach Ansicht des KG[158] unterliegt die Sachverhaltsaufnahme bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs durch private Unternehmen einem Beweiserhebungs- und daraus folgend einem Beweisverwertungsverbot. Eine an sich rechtswidrige Beweiserhebung kann auch durch die Überlegung, dass die Strafverfolgungsorgane bei rechtmäßigem Vorgehen dasselbe Beweisergebnis hätten erlangen können, jedenfalls dann nicht legitimiert werden, wenn sich die rechtswidrige Beweiserhebung im Einzelfall als bewusste oder jedenfalls grob fahrlä...

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