Rz. 123
Rechtsfragen, die sich beim Einsatz von Dashcams stellen, sind seit einiger Zeit sowohl in der zivil- und verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung als auch in der Literatur stark umstritten und werden uneinheitlich beantwortet. Vielfach wird ein "Orwellscher Überwachungsstaat" durch Private befürchtet. Insofern ist der Gesetzgeber aufgefordert, klare Regelungen über die rechtliche Zulässigkeit der Dashcam zu schaffen. Auch der 54. Deutsche Verkehrsgerichtstag hatte sich im Januar 2016 mit dieser Thematik befasst und klare Leitlinien aufgestellt.
1. Empfehlungen des 54. Deutschen Verkehrsgerichtstags 2016, Arbeitskreis VI "Dashcam"
Rz. 124
Zitat
1. |
Die Video-Aufzeichnung von Verkehrsvorgängen mithilfe von Dashcams kann einen Beitrag zur Aufklärung von Unfallhergängen und Straftaten leisten, aber auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten führen. Der Arbeitskreis beklagt, dass weder in Deutschland noch in den Nachbarländern eine klare Rechtslage zur Verwendung derartiger Kameras und zur Verwertung damit erzeugter Aufnahmen vor Gericht besteht. |
2. |
Der Arbeitskreis empfiehlt daher eine gesetzliche Regelung, die auf der Basis des europäischen Datenschutzrechts möglichst ein einheitliches Schutzniveau innerhalb der EU gewährleistet. |
3. |
Anstelle eines generellen Verbotes oder einer generellen Zulassung derartiger Aufzeichnungen ist ein sachgerechter Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht durch den Gesetzgeber geboten. |
4. |
Dieser Ausgleich könnte darin bestehen, dass die Aufzeichnung mittels derartiger Geräte dann zulässig ist, wenn die Aufzeichnung anlassbezogen, insbesondere bei einem (drohenden) Unfall, erfolgt oder bei ausbleibendem Anlass kurzfristig überschrieben wird. |
5. |
Die Verwertung von rechtswidrigen Dashcam-Aufnahmen im Gerichtsverfahren richtet sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu den Beweisverwertungsverboten. |
6. |
Die Verfolgung von Verkehrsverstößen ohne schwerwiegende Gefährdung oder Folgen soll weiterhin nicht auf die Aufzeichnungen von Dashcams gestützt werden können. |
7. |
Der Missbrauch von Aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten, z.B. eine Veröffentlichung im Internet, sollte mit Sanktionen bedroht werden. |
2. VG Ansbach, Urt. v. 12.8.2014
a) Fall
Rz. 125
Der Kläger begehrte in diesem Fall die Aufhebung des Bescheids des beklagten Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht (BayLDA), in dem ihm durch das Landesamt unter anderem untersagt wurde, mit seiner in seinem Fahrzeug eingebauten On-Board-Kamera während der Autofahrt permanente Aufnahmen des von ihm befahrenen öffentlichen Bereichs zu machen. Das VG Ansbach hat der Klage aus formalen Gründen stattgegeben (fehlende Bestimmtheit der Verfügung; die Anordnung ist darüber hinaus ermessensfehlerhaft ergangen). Andererseits wurde durch die Kammer aber auch deutlich gemacht, dass der permanente Einsatz einer Dashcam zu dem vom Kläger verfolgten Zweck, die Aufnahmen im Falle einer Verwicklung des Klägers in verkehrsrechtliche Streitigkeiten oder bei einem Unfall zu benutzen bzw. an die Polizei weiterzugeben, nach dem Bundesdatenschutzgesetz nicht zulässig sei.
Das BayLDA teilt in seiner Pressemitteilung vom 6.10.2014 mit, dass das BayLDA keine Berufung gegen das Dashcam-Urteil des VG Ansbach einlegen wird. "Selbst wenn das Urteil nicht in allen Punkten überzeugt, hat es das wesentliche datenschutzrechtliche Interesse des BayLDA, die unzulässige Nutzung von DashCams festzustellen, klar und deutlich bestätigt."
b) Unzulässigkeit einer im Kfz eingebauten Dashcam
Rz. 126
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Durch den Betrieb einer On-Board-Kamera wird gegen das grundsätzlich datenschutzrechtliche Verbot, dass die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) unzulässig ist (§ 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG) verstoßen. Sie ist nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist. |
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§ 6b Abs. 1 BDSG erfasst auch mobile Kameras, da nur so erreicht werden kann, dass die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume umfassend verhindert wird. |
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Bei einer permanenten Überw... |