André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
a) Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO)
Rz. 107
Voraussetzung für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist, dass dringende Gründe für die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB vorhanden sind. Erforderlich ist daher ein dringender Tatverdacht i.S.d. § 69 Abs. 1 S. 1 StGB, sowie ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht den Beschuldigten für ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen halten wird und dem Täter daher die Fahrerlaubnis entziehen wird.
Der Beschuldigte hat Anspruch auf rechtliches Gehör gem. § 33 Abs. 3 StPO.
Der Beschluss über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO wird mit der Bekanntgabe an den Beschuldigten wirksam.
Bereits im Verfahren der Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis können Zeugen benannt werden. Das Gericht muss auch in diesem Verfahren Beweis erheben. Die Einlegung einer Beschwerde gegen einen § 111a StPO-Beschluss ist empfehlenswert bei berechtigter Erwartung auf eine abändernde Entscheidung.
Rz. 108
Gem. § 111a Abs. 1 S. 2 StPO können auch bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis bestimmte Fahrzeugarten von der vorläufigen Entziehung ausgenommen werden, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßnahme dadurch nicht gefährdet wird.
Bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Bei der Beantwortung der Frage, wann eine vorläufige Entziehung wegen Zeitablaufes nicht mehr zulässig ist, ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Einige Gerichte gehen davon aus, dass 6 Monate nach der Tat die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis unzulässig ist.
Andere Gerichte sehen in der vorläufigen Entziehung 10 Monate nach der Tat keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Auch bei einem Drogenkonsum und der hieraus evtl. gegebenen relativen oder absoluten Fahruntüchtigkeit kann die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht kommen.
b) Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB)
Rz. 109
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung. Zweck dieser Maßregel ist es, ungeeignete Kraftfahrer vom Verkehr auszuschließen.
Hat jemand im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges eine Tat begangen und wird er wegen dieser Tat verurteilt, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, § 69 Abs. 1 StGB.
Der Täter muss ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges sein. Hier erfolgt durch das Gericht eine Würdigung der körperlichen, geistigen und charakterlichen Voraussetzungen des Täters unter Berücksichtigung der objektiven und subjektiven Umstände.
Rz. 110
In § 69 Abs. 2 StGB sind Taten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges aufgezählt, bei deren Vorliegen der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist:
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Nr. 1: die Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315c StGB; |
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Nr. 2: Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB; |
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Nr. 3: unerlaubtes Entfernen vom Unfallort gem. § 142 StGB, obwohl der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist (die Wertgrenze für einen bedeutenden Sachschaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, also bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort gem. § 142 StGB, liegt nach der Rechtsprechung bei ca. 1.500 EUR); |
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Nr. 4: Vollrausch gem. § 323a StGB, der sich auf eine der Taten nach den Nrn. 1–3 bezieht. |
Rz. 111
Hat der Täter eine der in § 69 Abs. 2 StGB genannten Taten begangen, ist er in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, so dass ihm die Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB zu entziehen ist.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis kann auch gegen den Beifahrer in Betracht kommen.
Unter bestimmten Aspekten ist auch die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Taten allgemeiner Kriminalität möglich.
Der Verteidiger muss auch prüfen, ob anstatt der Entziehung der Fahrerlaubnis ein Fahrverbot zu erreichen ist.
c) Berechnung der Sperrfrist und Möglichkeit der vorzeitigen Aufhebung
Rz. 112
Die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bestimmt sich nach § 69a StGB. Wenn das Gericht die Fahrerlaubnis entzieht, bestimmt es zugleich, dass über die Dauer von 6 Monaten bis zu 5 Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre), § 69a Abs. 1 StGB.
Gem. § 69a Abs. 3 StG...