André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
a) Fahrverbot gem. § 44 StGB
Rz. 114
Wenn jemand wegen einer Straftat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, zu einer Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe verurteilt wird, so kann das Gericht gegen diesen Täter gem. § 44 Abs. 1 StGB für die Dauer von einem Monat bis zu 6 Monaten ein Fahrverbot verhängen.
In § 44 Abs. 1 S. 2 StGB sind die Regelfälle aufgezählt, in denen ein Fahrverbot anzuordnen ist. Hiernach ist ein Fahrverbot anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 StGB oder nach § 316 StGB die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB unterbleibt.
b) Fahrverbot nach StVG bzw. Bußgeldkatalog-Verordnung
aa) Fahrverbot gem. § 24a StVG (0,5 ‰-Grenze)
Rz. 115
Ein Kraftfahrzeugführer, der im Straßenverkehr fährt, obwohl er mehr als 0,5 ‰ im Blut hat oder mehr als 0,25 mg/l Alkohol in der Atemluft hat oder aber das Kraftfahrzeug im Straßenverkehr fährt, obwohl er unter der Wirkung eines der in der Anlage zu § 24a StVG genannten berauschenden Mitteln steht, handelt ordnungswidrig und gegen diesen Kraftfahrzeugführer wird zusätzlich ein Fahrverbot verhängt.
Dem Wortlaut des § 24a StVG entsprechend muss es sich um einen Kraftfahrzeugführer handeln, so dass das Fahren mit einem Fahrrad nicht unter § 24a StVG fällt.
bb) Fahrverbot gem. § 25 StVG
Rz. 116
Wird gegen einen Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Kraftfahrzeugführerpflichten begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann gegen diesen Betroffenen auch ein Fahrverbot von einem Monat bis zu 3 Monaten verhängt werden.
Dieses Fahrverbot gem. § 25 StVG bezieht sich auch nur auf Kraftfahrzeugführer, also nicht auf Fahrradfahrer.
Das Fahrverbot nach § 25 StVG setzt dem Wortlaut nach eine grobe und beharrliche Verletzung der Pflichten des Kraftfahrzeugführers voraus. Eine beharrliche Pflichtverletzung bedarf einer Einzelfallbetrachtung und räumt dem Tatrichter einen gewissen Beurteilungsspielraum dieses unbestimmten Rechtsbegriffes ein.
Bei einer groben Pflichtverletzung handelt es sich um eine Pflichtverletzung, die objektiv betrachtet Ursache schwerer Unfälle ist und subjektiv eine grobe Nachlässigkeit, groben Leichtsinn oder Gleichgültigkeit voraussetzt.
Beispiele für ein solch besonders verantwortungsloses Verhalten eines Kraftfahrzeugführers sind z.B. das Wenden und Rückwärtsfahren auf der Autobahn.
cc) Fahrverbot in Verbindung mit der Bußgeldkatalog-Verordnung
Rz. 117
In § 4 Abs. 1 und Abs. 2 BKatV sind bestimmte Ordnungswidrigkeiten als beharrliche und grobe Pflichtverletzungen genannt, die in der Regel eine Fahrverbot nach sich ziehen. Diese Regelfälle der BKatV sind z.B.:
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Geschwindigkeitsüberschreitungen mit einem Pkw um mehr als 30 km/h innerorts oder mehr als 40 km/h außerorts; |
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eine zweite Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Pkw um mehr als 25 km/h innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Verurteilung wegen des ersten Verstoßes – gerade diese Fahrverbotsanordnung ist vielen Mandanten nicht bewusst; |
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Überholen mit Gefährdung oder Sachbeschädigung. |
Rz. 118
An die Urteilsgründe ist bei der Verhängung eines Fahrverbotes die Anforderung zu stellen, dass der Amtsrichter sich der Möglichkeit bewusst war, von der Verhängung eines Fahrverbotes bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße abzusehen.
Rz. 119
In § 25 Abs. 2a S. 1 StVG ist für Ersttäter bezogen auf die Vollstreckung von Fahrverboten eine Begünstigung geregelt. Hiernach wird dem Betroffenen, gegen den in den letzten zwei Jahren vor der Tat kein Fahrverbot verhängt worden ist und bis zur Bußgeldentscheidung auch kein Fahrverbot verhängt worden ist, eine Frist von 4 Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung eingeräumt, in der der Betroffene seinen Führerschein in Verwahrung geben kann. Spätestens nach Ablauf der 4 Monate wird das Fahrverbot auch ohne Abgabe des Führerscheins in amtliche Verwahrung wirksam.
Diese Rechtsfolge i.S.d. § 25 Abs. 2a S. 1 StVG tritt aber nur dann ein, wenn diese Rechtsfolge im Bußgeldbescheid oder Urteil angeordnet worden ist. Der Verteidiger muss also darauf achten, dass der Richter diese Rechtsfolge auch im Urteil anordnet.
Werden gegen den Betroffenen weitere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Fahrverbotsfristen nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu berechnen, § 25 Abs. 2b StVG.