André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
Rz. 33
Ist von dem Betroffenen eine Videoaufzeichnung gefertigt worden, stellt sich die Frage, ob Videoaufnahmen, z.B. von einer Autobahnbrücke herab zur Überwachung des Straßenverkehrs im Rahmen einer Geschwindigkeitsmessung/Abstandsmessung einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen und somit das grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen.
In einer Entscheidung des BVerfG hat dieses ausgeführt, dass Videoaufnahmen, die der Überwachung des Straßenverkehrs dienen einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen und somit das grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen.
Rz. 34
Eine solche Einschränkung ist jedoch im überwiegenden Allgemeininteresse möglich, setzt jedoch eine gesetzliche Grundlage voraus. Die einzelnen Erlasse der Ministerien stellen in diesem Zusammenhang lediglich Verwaltungsvorschriften dar und kommen daher als Rechtsgrundlage für solche Eingriffe nicht in Betracht.
Mit Beschl. vom 5.7.2010 hat das BVerfG entschieden, dass § 100h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG eine geeignete Rechtsgrundlage für das Anfertigen von solchen Lichtbildern oder aber solchen Messvideos sein kann, wenn es sich um verdachtsabhängige Messungen handelt.
Dies gilt jedoch nicht für verdachtsunabhängige Lichtbilder sowie Videos.
In einer Entscheidung vom 12.8.2010 weist das BVerfG ebenfalls darauf hin, dass bei Verkehrsmaßnahmen, die nicht auf Unbeteiligte gezielt haben, sondern ausschließlich auf Fahrzeugführer, die selbst Anlass zur Anfertigung von Bildaufnahmen gegeben haben, da der Verdacht eines bußgeldbewehrten Verkehrsverstoßes bestanden habe, kein unzulässiger Eingriff in das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung gegeben ist.
Rz. 35
Immer häufiger sind Fahrzeuge mit sog. DashCams ausgerüstet, die Videoaufzeichnungen anfertigen. Obgleich diese Aufzeichnungen einen Verstoß gegen § 6b BDSG darstellen können, soll kein generelles Beweisverwertungsverbot für diese Aufzeichnungen im Strafverfahren sowie im Bußgeldverfahren bestehen.
Ob ein möglicherweise unter Verstoß gegen § 6b BDSG erlangtes Beweismittel zu Lasten eines Betroffenen in einem Bußgeldverfahren verwertet werden darf, ist im Einzelfall, insbesondere nach dem Gewicht des Eingriffs sowie der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden.
Der BGH hat in einer Grundsatzentscheidung vom 15.5.2018 entschieden, dass eine permanente, anlasslose Aufzeichnung des gesamten Fahrgeschehens nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig sei. Eine solche Aufzeichnung verstoße gegen § 4 BDSG, da die Aufzeichnung ohne die Einwilligung der Betroffenen erfolgt sei. Dennoch sollen nach dieser Grundsatzentscheidung der BGH solche Videoaufzeichnungen als Beweismittel zumindest in einem Unfallhaftpflichtprozess verwertbar sein.