André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
a) Fahruntüchtigkeit
Rz. 36
Die Grenzwerte der Fahruntüchtigkeit bzw. die Frage, ab welcher Blutalkoholkonzentration ein Kraftfahrer noch fahren darf, sind nicht gesetzlich geregelt, sondern durch die Rechtsprechung vorgegeben.
aa) Relative Fahruntüchtigkeit
Rz. 37
Relative Fahruntüchtigkeit kann schon bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,3 ‰ vorliegen.
Ist ein Wert von mindestens 0,3 ‰ gegeben und treten weitere Umstände hinzu, kann eine Fahruntüchtigkeit gegeben sein. Diese weiteren Umstände, die ggf. auf eine Fahruntüchtigkeit des Fahrers schließen lassen, können in der Person des Fahrers oder aber in seinem Fahrverhalten begründet sein.
Kann sich der Fahrer z.B. alkoholbedingt nicht klar ausdrücken oder aber hat er einen schwankenden Gang, liegen hierin Anzeichen für eine Fahruntüchtigkeit.
Neben diesen persönlichen Anzeichen kann auch durch das Fahrverhalten als solches eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit begründet werden.
Beispiele für ein solches alkoholbedingtes Fahrverhalten sind das Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes oder aber Schlangenlinien fahren.
Je höher der Grad der Alkoholisierung ist, desto geringere Anforderungen sind an die zusätzlichen Ausfallerscheinungen des Fahrers zu stellen, um eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit anzunehmen.
bb) Absolute Fahruntüchtigkeit
Rz. 38
Bei einem Promillewert von 1,1 oder höher liegt bei jedem Kraftfahrer eine absolute Fahruntüchtigkeit vor; auf Ausfallerscheinungen oder aber Fahrfehler kommt es ab diesem Wert von 1,1 ‰ nicht mehr an.
cc) 0,5 ‰-Grenze gem. § 24a Abs. 1 StVG
Rz. 39
Gem. § 24a Abs. 1 StVG handelt derjenige ordnungswidrig, der im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 ‰ oder mehr (bis max. 1,09 ‰) Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
Die Begriffe der relativen und absoluten Fahruntüchtigkeit beziehen sich darauf, ob eine Strafbarkeit, z.B. gem. § 316 StGB gegeben ist, während der Kraftfahrzeugführer, der im Straßenverkehr mit einem Wert von 0,5 ‰ oder mehr fährt und keinerlei Ausfallerscheinungen aufweist, ordnungswidrig handelt.
Gem. § 24a Abs. 2 OWiG handelt auch derjenige ordnungswidrig, der unter der Wirkung eines in der Anlage zu § 24a StVG genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt.
Rz. 40
Unter Bezugnahme auf § 24a Abs. 4 StVG ist ein Verstoß gegen die Alkoholgrenzwerte oder die berauschenden Mittel in der Regel bußgeldbewehrt und wird mit 2 Punkten in dem Fahreignungsregister geahndet.
Darüber hinaus wird regelmäßig gem. § 25 StVG als Folge eines Verstoßes gem. § 24a StVG die Verhängung eines Fahrverbotes angeordnet.
b) Messverfahren
Rz. 41
Der Nachweis der Alkoholkonzentration kann entweder über den Atemalkohol- (AAK) oder den Blutalkoholwert (BAK) geführt werden. Ausreichend ist es, dass ein Grenzwert bei einem Messverfahren erreicht wird.
aa) Atemalkoholmessungen
Rz. 42
Atemalkoholmessgeräte unterliegen dem Mess- und Eichgesetz und der Mess- und Eichverordnung und müssen für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs geeicht sein. Eine fehlende Eichung oder eine fehlende Bauartzulassung bzw. eine fehlende Konformitätserklärung des entsprechenden Messgerätes führt zur Unverwertbarkeit der Messung, kann also nicht durch einen Sicherheitsabschlag kompensiert werden.
Der BGH hat bezogen auf die Atemalkoholmessgeräte entschieden, dass es sich bei diesem Messverfahren auch um ein standardisiertes Messverfahren handelt, so dass auch ohne Sicherheitsabschläge das Messergebnis von dem Tatrichter zur Feststellung des Promillewertes verwendet werden darf. Es muss sich jedoch um ein geeichtes, bauartzugelassenes bzw. Konformitätsbewertetes Atemalkoholmessgerät handeln und es müssen die Verfahrensbestimmungen beachtet werden.
Bei der Atemalkoholanalyse ist eine Kontrollzeit von 10 Minuten vor der Atemalkoholmessung erforderlich. Die Kontrollzeit von 10 Minuten vor Beginn der Messung ist zu beachten, damit ein ggf. vorhandener Restalkohol oder aber andere Substanzen im Mund das Messergebnis nicht beeinflussen sollen.
Der Verteidiger sollte hierzu die in der Verfahrensakte enthaltenen Ausdrucke des Messgerätes, bezogen auf den Beginn und das Ende der Messungen, sowie die Kontrollzeiten genau überprüfen.
Weiterhin sollte der Verteidiger seinen Mandanten befragen, ob dieser vor der eigentlichen Messung innerhalb der Kontrollzeit unbeaufsichtigt war, z.B. auf der Toilette.
Auch sollte der Verteidiger seinen Mandanten fragen, wann er welche Substanzen zu sich genommen hat.
Rz. 43
Weiterhin ist eine Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und Beginn der Messung erforderlich.
Sind Anhaltspunkte für Messfehler im Einzelfall vorhanden, hat der Tatrichter im Rahmen seiner Aufklärungspflicht diesen Messfehlern auf einen entsprechenden Beweisantrag des Verteidigers nachzugehen.