André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
1. (Erst-)Erwerb der Fahrerlaubnis
Rz. 201
Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führen will, bedarf gem. § 2 Abs. 1 StVG einer entsprechenden Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde.
Gem. § 2 Abs. 2 StVG wird die Fahrerlaubnis für die jeweilige Klasse erteilt. Die einzelnen Voraussetzungen für die Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnis sind ebenfalls in § 2 Abs. 2 StVG geregelt. Gem. § 2 Abs. 2 S. 1 StVG ist erforderlich, dass der Fahrerlaubnisbewerber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Nähere Bestimmungen zu dem Begriff des ordentlichen Wohnsitzes im Inland sind in § 7 FeV geregelt.
Der Fahrerlaubnisbewerber muss gem. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein.
Rz. 202
Gem. § 2 Abs. 4 StVG ist derjenige Kraftfahrzeugführer geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, der
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die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und |
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nicht erheblich und nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. |
Rz. 203
Wenn der Bewerber wegen körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, erteilt die Fahrerlaubnisbehörde gem. § 2 Abs. 4 StVG die Fahrerlaubnis mit entsprechenden Beschränkungen oder aber unter entsprechenden Auflagen.
2. Fahrerlaubnisarten, Fahrerlaubnis auf Probe und Stufenführerschein
Rz. 204
Nach § 2 Abs. 1 S. 2 StVG wird die jeweilige Fahrerlaubnis in bestimmten Klassen erteilt.
Entsprechend der 2. EU-Führerscheinrichtlinie sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die internationale Einteilung der Führerscheinklassen zu übernehmen.
In § 6 FeV sind die Fahrerlaubnisklassen aufgelistet.
Rz. 205
Beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis wird gem. § 2a Abs. 2 S. 1 StVG die Fahrerlaubnis auf Probe erteilt. Die Probezeit dauert 2 Jahre vom Zeitpunkt der Erteilung an.
Gem. § 32 FeV sind von der Regelung über die Probezeit nach § 2a StVG die Fahrerlaubnisse der Klassen AM, L und T ausgenommen.
Die Regelungen bezüglich der Fahrerlaubnis auf Probe sind verfassungsgemäß.
Nach § 2a Abs. 1 S. 5 StVG hemmen die Beschlagnahme, Sicherstellung oder Verwahrung von Führerscheinen nach § 94 StPO, die vorläufige Entziehung nach § 111a StPO und die sofort vollziehbare Entziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde den Ablauf der Probezeit.
Nach § 2a Abs. 2a StVG verlängert sich die Probezeit um 2 Jahre, wenn die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StVG angeordnet worden ist.
3. Im Ausland erworbene Fahrerlaubnis; "Führerscheintourismus"
Rz. 206
Gem. § 2 Abs. 1 StVG bedarf derjenige, der auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, eine Fahrerlaubnis der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde. Unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 11 StVG sind Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Maßgabe der Internationalen Kfz-Verordnung (IntKfzV) und der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) berechtigt.
Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 StVG ist die Fahrerlaubnis für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz i.S.d. Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein im Inland hat.
Rz. 207
Gem. § 7 Abs. 1 FeV darf eine Fahrerlaubnis nur erteilt werden, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dies wird dann angenommen, wenn der Bewerber mindestens 185 Tage im Jahr im Inland gewohnt hat.
Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis ohne deutschen Wohnsitz dürfen im Umfang Ihrer Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie keinen deutschen Wohnsitz haben, § 4 Abs. 1 IntKfzV.
Die maßgebende Richtlinie für Fragen bezüglich der im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis ist die 3. EG-Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG v. 20.12.2006 über den Führerschein).
Rz. 208
Darüber hinaus sind in den §§ 28–31 FeV Sonderbestimmungen für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse getroffen. Insbesondere § 28 Abs. 4 FeV ist hierbei zu beachten:
§ 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV bestimmt eindeutig, dass die Berechtigung zum Führen von Kfz im Inland nicht gilt für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Ebenso bestimmt § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV, dass die Berechtigung zum Führen von Kfz im Inland nicht gilt für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist.
Der Begriff des "Führerscheintourismus" bezieht sich auf die Fälle, in denen ein Kfz-Fahrer, dem z.B. wegen eines Alkoholdeliktes die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, in einen anderen EU-Mitgliedstaat fährt, um dort eine Fahrerlaubnis zu erwerben, um diese neue Fahrerlaubnis dann in seinem "Heimatland" anerkennen zu lassen.
Bez...