André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
1. Eignungsbegriff
Rz. 213
Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 3 StVG ist die Fahrerlaubnis dem jeweiligen Fahrerlaubnisbewerber nur dann zu erteilen, wenn dieser zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist.
Nach § 2 Abs. 4 S. 1 StVG ist geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und zudem nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.
Die in § 2 Abs. 4 S. 1 StVG genannten Begriffe "erheblich" und "notwendig" sind durch den Gesetzgeber nicht näher definiert worden.
2. Prüfung der Eignung
Rz. 214
Eine Eignungsprüfung kommt in folgenden Fällen in Betracht:
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bei dem Ersterwerb der Fahrerlaubnis; |
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gegenüber Inhabern einer Fahrerlaubnis; |
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bei dem Entzug der Fahrerlaubnis, z.B. nach dem Punktesystem; |
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bei der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach einem vorangegangenen Entzug der Fahrerlaubnis. |
Rz. 215
Nach § 2 Abs. 8 StVG kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein ärztliches Gutachten oder ein Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung beibringt, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Antragstellers begründen. Nach § 2 Abs. 8 StVG müssen diese Gutachter oder Begutachtungsstellen amtlich anerkannt oder beauftragt sein.
Gem. § 4 Abs. 10 S. 4 StVG ist im Rahmen des Punktesystems für eine neue Fahrerlaubnis in der Regel durch die Fahrerlaubnisbehörde zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen des Betroffenen wiederhergestellt ist, die Beibringung eines entsprechenden Eignungsgutachtens anzuordnen.
Gleiches gilt gem. § 2a Abs. 5 S. 5 StVG für die Fahrerlaubnis auf Probe. Auch hier hat die zuständige Fahrerlaubnisbehörde bei Entziehung der Fahrerlaubnis vor Neuerteilung einer Fahrerlaubnis die Beibringung eines entsprechenden Fahreignungsgutachtens anzuordnen.
Rz. 216
In § 11 Abs. 3 FeV sind einzelne Fallgruppen genannt, in denen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden kann.
Nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV kann ein solches medizinisch-psychologisches Gutachten z.B. bei einem erheblichen Verstoß oder bei wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften angeordnet werden.
Nach § 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV kann ein solches medizinisch-psychologisches Gutachten bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, angeordnet werden.
Gem. § 13 Nr. 2 Buchst. a FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde zudem ein medizinisch-psychologisches Gutachten anordnen, wenn zwar keine Alkoholabhängigkeit jedoch Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch vorliegen.
Ebenso kann ein solches Gutachten gem. § 14 Abs. 2 FeV angeordnet werden, wenn es um den Umgang mit Betäubungs- und Arzneimitteln geht.
Rz. 217
Zur Frage der Eignung bei einer Drogenproblematik enthält die Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung unter Nr. 9 Regelungen sowie unter 3.12 Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung.
Zu der Frage der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach der Einnahme von Betäubungsmitteln bzw. infolge von Alkoholgenuss hat sich eine umfangreiche Rechtsprechung herausgebildet.
Die unterschiedliche rechtliche Behandlung bzw. Beurteilung des Konsums von Alkohol und anderen Betäubungsmitteln als Cannabis i.S.v. § 1 Abs. 1 BtMG in Bezug auf die Frage der Fahreignung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Darüber hinaus beruhen die §§ 11 und 46 FeV auf einer im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG ausreichend bestimmten Grundlage.
Die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde an den Betroffenen, ein ärztliches Gutachten beizubringen ist dann rechtmäßig, wenn hinreichende Verdachtsmomente für einen täglichen oder nahezu täglichen Cannabiskonsum durch die Behörde festgestellt worden sind.
Rz. 218
Gem. § 14 Abs. 1 S. 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch dann angeordnet werden, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.
Die gelegentliche Einnahme i.S.d. § 14 FeV setzt allerdings einen mehrmaligen Cannabiskonsum voraus; ein nur einmaliger Konsum reicht hierfür gerade nicht aus.
Bei dem Konsum sog. harter Drogen (Ecstasy, Kokain) ist hingegen der Fahrerlaubnisentzug auch nach einmaligem Konsum rechtmäßig, ohne dass ein zusätzliches Gutachten eingeholt werden muss.
Liegt der Konsum der harten Drogen bereits eine längere Zeit zurück (4 Jahre), so ist nicht mehr von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen, sondern es ist von Eignungszweifeln auszugehen, die die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtfertigen.
Ansonsten wird in der Rechtsprechung bezüglich der Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis darauf abgestellt, ob der Betroffene in der Lage ist, den Konsum von Drogen vom...