André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
1. Maßnahmen ohne Entzug der Fahrerlaubnis
a) Verwarnung
Rz. 222
Eine Verwarnung kommt im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe sowie nach dem Punktesystem in Betracht.
b) Verkehrsunterricht
Rz. 223
Nach § 48 StVO kann die Teilnahme am Verkehrsunterricht angeordnet werden, wenn Verkehrsvorschriften nicht beachtet werden. Es handelt sich um einen Verwaltungsakt, Widerspruch und Anfechtungsklage haben grds. aufschiebende Wirkung.
c) Aufbauseminar
Rz. 224
Die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar, z.B. bei der Fahrerlaubnis auf Probe gem. § 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG:
Die Teilnahme an einem Aufbauseminar ist z.B. anzuordnen, wenn
▪ |
der Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe eine schwerwiegende Zuwiderhandlung oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat (§ 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG) oder |
▪ |
die Fahrerlaubnisbehörde nach Auswertung des Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nicht annimmt, dass die mangelnde Eignung nicht erwiesen ist (§ 2a Abs. 4 S. 2 StVG). |
Zu unterscheiden sind gewöhnliche Aufbauseminare, die von Fahrlehrern durchgeführt werden, § 2b Abs. 2 S. 1 StVG, sowie besondere Aufbauseminare gem. § 2b Abs. 2 S. 2 StVG.
Diese besonderen Aufbauseminare werden für alkoholauffällige Kraftfahrer und für Fahranfänger, die unter dem Einfluss von Drogen am Straßenverkehr teilgenommen haben, angeordnet und von Diplom-Psychologen durchgeführt.
Der äußere Ablauf und der Inhalt dieser besonderen Aufbauseminare nach § 2b Abs. 2 S. 2 StVG sind in § 36 FeV geregelt.
d) Einschränkungen und Auflagen zur Fahrerlaubnis
Rz. 225
Als mögliche Auflagen kommen u.a. in Betracht:
▪ |
Fahrtenbuchauflage gem. § 31a StVZO |
▪ |
weitere Teilnahme an einem Aufbauseminar oder Therapiemaßnahmen |
▪ |
Tragen einer Brille zum Ausgleich für mangelndes Sehvermögen |
▪ |
Benutzen eines Hörgerätes |
▪ |
Nichtüberschreiten einer bestimmten Höchstgeschwindigkeit |
2. Maßnahmen bei der Fahrerlaubnis auf Probe
Rz. 226
Im Jahre 1986 hat der Gesetzgeber erstmalig besondere Maßnahmen im Hinblick auf verkehrsauffällig gewordene Fahranfänger geschaffen. Diese besonderen Maßnahmen waren aus Sicht des Gesetzgebers erforderlich, da insbesondere Fahranfänger überdurchschnittlich häufig in Verkehrsunfälle verwickelt worden waren.
Rz. 227
Gesetzlich geregelt ist die Fahrerlaubnis auf Probe in den §§ 2a, 2b, 2c StVG sowie in den §§ 32 ff. FeV und der Anlage 12 der FeV.
Rz. 228
Nach § 2a StVG werden durch die Fahrerlaubnisbehörde bei der Fahrerlaubnis auf Probe Maßnahmen angeordnet,
▪ |
wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis auf Probe innerhalb der Probezeit eine schwerwiegende Zuwiderhandlung oder |
▪ |
zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat. |
Die einzelne Bewertung der Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergibt sich aus Anlage 12 der FeV i.V.m. § 34 Abs. 1 FeV.
Rz. 229
Übersicht: Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bei der Fahrerlaubnis auf Probe
Zuwiderhandlungen |
Maßnahmen |
Bemerkungen/Hinweise |
a) |
Schwerwiegende Zuwiderhandlung oder 2 weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen § 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG |
Anordnung Teilnahme an Aufbauseminar |
Nach Anordnung der Teilnahme an Aufbauseminar verlängert sich Probezeit um 2 Jahre (§ 2a Abs. 2a StVG) Inhalt und Ablauf der Seminare ist geregelt in §§ 35 ff. FeV. Teilnahmebescheinigung zur Vorlage bei der Fahrerlaubnisbehörde (§ 37 FeV) |
Gewöhnliches Aufbauseminar: durchgeführt von Fahrlehrern (§ 2b Abs. 2 S. 1 StVG) |
Besonderes Aufbauseminar: Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkohol- oder Drogeneinfluss (§ 2b Abs. 2 S. 2 StVG), Durchführung durch Dipl.-Psychologen (§ 36 Abs. 6 FeV) |
Einzelseminar: im Einzelfall anstelle von Gruppenseminar, wenn aufgrund persönlicher Lebenssituation Gruppenseminar nicht zumutbar (§ 2b Abs. 1 S. 2 StVG), Gestattung auf Antrag |
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Fahrerlaubnisbehörde hält nach Auswertung eines Gutachtens einer amtl. anerkannten BfF Nichteignung für nicht erwiesen (§ 2a Abs. 4 S. 3 StVG) |
Aufbauseminar, wenn nicht schon teilgenommen |
(Aufbauseminar kommt auch als Auflage zur Einstellung des Verfahrens in Betracht gem. § 153a StPO.) |
b) |
Nach Teilnahme an Aufbauseminar eine weitere schwerwiegende oder 2 weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen |
Schriftliche Verwarnung, verbunden mit der Empfehlung, innerhalb von 2 Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen (§ 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StVG) |
Teilnahme ist freiwillig; der Inhalt der verkehrspsychologischen Beratung ist geregelt in § 38 Abs. 1 FeV. Berater muss Dipl.-Psychologe sein. |
c) |
Eine weitere schwerwiegende oder 2 weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen innerhalb von 2 Monaten seit Verwarnung |
Entzug der Fahrerlaubnis |
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d) |
Nichtbefolgung von Anordnungen der Teilnahme an Aufbauseminar (§ 2a Abs. 3 und Abs. 4 S. 3 StVG) |
Aufbauseminar Eine neue Fahrerlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller nachweist, dass er an einem Aufbauseminar teilgenommen hat. |
Verfassungsrechtliche Bedenken* |
* Bode/Winkler, § 11 Rn 7...