André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
1. Im Strafverfahren
Rz. 94
Strafrechtliche Rechtsmittel sind die Beschwerde, die Berufung und die Revision.
a) Beschwerde gem. §§ 304 ff. StPO
Rz. 95
Die Beschwerde gem. § 304 StPO ist gegen alle gerichtlichen Entscheidungen zulässig, die nicht als Urteil ergehen; es gibt jedoch eine Reihe von gesetzlichen Fällen der Unanfechtbarkeit und damit des Ausschlusses der Beschwerde.
b) Berufung, §§ 312 ff. StPO
Rz. 96
Die Berufung gem. § 312 ff. StPO führt, ihre Zulässigkeit vorausgesetzt, im Umfang der Anfechtung zu einer Neuverhandlung der Sache über alle Tat- und Rechtsfragen.
c) Revision, §§ 333 ff. StPO
Rz. 97
Mit der Revision gem. § 333 ff. StPO soll das Urteil und das ihm zugrunde liegende Verfahren auf Rechtsfehler überprüft werden.
d) Einspruch gegen den Strafbefehl gem. §§ 410 ff. StPO
Rz. 98
In dem Strafbefehlsverfahren (§ 407 StPO) kann der Angeklagte gegen den Strafbefehl gem. § 410 StPO innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Strafbefehls bei dem Gericht, das den Strafbefehl erlassen hat, Einspruch einlegen.
Vor Beginn der Hauptverhandlung kann der Angeschuldigte den Einspruch jederzeit ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft zurücknehmen. Nach Beginn der Hauptverhandlung bedarf es gem. § 411 Abs. 3 StPO zur Rücknahme des Einspruchs der Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
2. Im Bußgeldverfahren
a) Einspruch gegen den Bußgeldbescheid
Rz. 99
Gem. der §§ 67 ff. OWiG kann der Betroffene gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einlegen.
Gem. § 67 Abs. 1 OWiG kann der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen.
Die Einspruchseinlegung ist auch durch ein Telefax möglich.
Der Einspruch kann gem. § 67 Abs. 2 OWiG auch auf einzelne Taten beschränkt werden.
Gem. § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch auch auf bestimmte Beschwerdepunkte, z.B. die Höhe der Geldbuße, beschränkt werden.
Der Einspruch muss nicht begründet werden.
b) Rechtsbeschwerde
Rz. 100
Gem. § 79 Abs. 3 OWiG gelten für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren die Vorschriften der StPO und des GVG über die Revision entsprechend.
Gem. § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 StPO beträgt die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde eine Woche nach Verkündung des Urteils. Gem. § 79 Abs. 4 OWiG beginnt die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde bei Abwesenheit des Betroffenen mit der Zustellung der Entscheidung.
War der abwesende Betroffene jedoch in der Hauptverhandlung durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten, beginnt die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bereits mit der Verkündung der Entscheidung, vgl. § 79 Abs. 4 OWiG.
Rz. 101
Die Rechtsbeschwerde ist bei Gericht entweder schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.
Es gibt die nichtzulassungsbedürftige Rechtsbeschwerde gem. § 79 OWiG und die zulassungsbedürftige Rechtsbeschwerde gem. § 80 OWiG.
Ist gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als 250,00 EUR festgesetzt worden oder ist gegen den Betroffenen eine Nebenfolge, insbesondere ein Fahrverbot, angeordnet worden, ist die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 OWiG ohne weitere Zulassung zulässig.
Liegt kein Fall der nichtzulassungsbedürftigen Rechtsbeschwerde gem. § 79 OWiG vor, bedarf die Rechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 1 OWiG einer besonderen Zulassung.
Die Zulassungsrechtsbeschwerde gem. § 80 OWiG enthält u.a. drei Fallgruppen:
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die Zulassungsrechtsbeschwerde wegen formellen und materiellen Verfahrensfehlern bei einer Verurteilung zu einem Bußgeld von über 100 EUR bis 250 EUR gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG; |
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die Zulassungsrechtsbeschwerde bei Verurteilung zu einem Bußgeld von bis zu 100 EUR gem. § 80 Abs. 2 OWiG; |
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die Zulassungsrechtsbeschwerde wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs gem. § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG. |
Rz. 102
Bei der Zulassungsrechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, also bei der Verurteilung zu einer Geldbuße von über 100 EUR bis 250 EUR, lässt das Beschwerdegericht auf Antrag die Rechtsbeschwerde zu, wenn die Rechtsbeschwerde die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ermöglicht. Eine Entscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nur dann erforderlich, wenn sonst schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen würden.
Bei der Zulassungsrechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 2 OWiG, also bei der Verurteilung zu einer Geldbuße von bis zu 100 EUR, wird die Rechtsbeschwerde in zwei entscheidenden Punkten eingeschränkt. Erstens können hier Verstöße gegen formelles Recht nicht gerügt werden und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprech...