1. Begriff
Rz. 48
Öffentliche Straßen im Sinne der Straßengesetze sind Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind (vgl. z.B. § 2 Abs. 1 SStrG; § 2 Abs. 1 StrG BW). Widmung ist die Verfügung, durch die die Straße die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhält (vgl. insofern ausdrücklich Art. 6 Abs. 1 BayStrWG, § 6 Abs. 1 SStrG). Denkbar ist auch eine konkludente Widmung/Widmungsfiktion, der Weg über die Übergangs- bzw. Überleitungsvorschriften der Straßengesetze und auch die Eigenschaftsverleihung einer öffentlichen Straße nach den Grundsätzen der Widmung kraft unvordenklicher Verjährung (dazu siehe oben Rdn 32 ff., 35 f.)
2. Umfang
a) Grundsätze
Rz. 49
Was im Einzelnen zu den öffentlichen Straßen gehört, ist in den Landesstraßengesetzen und dem FStrG beschrieben (vgl. § 2 Abs. 2 SStrG, § 1 Abs. 4 FStrG):
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Straßenkörper (insbesondere z.B. Straßengrund, -unterbau, -decke, Brücken, Durchlässe, Tunnel, Dämme, Gräben, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen); |
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Luftraum über dem Straßenkörper; |
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im Zusammenhang mit einer Straße stehende und dem Zug dieser Straße folgende Geh- und Radwege (nicht nach den FStrG); |
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Zubehör (z.B. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, Bepflanzung); Verkehrsanlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen; |
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Nebenanlagen (Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung dienen, z.B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager); |
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nach dem FStrG zusätzlich: Nebenbetriebe an BAB (§ 15 FStrG: z.B. Tankstellen, Raststätten). |
b) Einzelfragen
aa) Bepflanzung
Rz. 50
Auch die Bepflanzung gehört zur öffentlichen Straße (vgl. § 2 Abs. 2 StrGNW, § 2 Abs. 2 Nr. 4 SStrG). Geschützt sind hierbei Pflanzen jeder Art und Gestalt, wie etwa Bäume, Sträucher, Stauden, Hecken, Gräser und Ähnliches. Dabei ist gleichgültig, ob die Bepflanzung planmäßig angelegt wurde oder auf natürliche Weise entstanden ist.
Rz. 51
Nach den Landesstraßengesetzen kann den Straßenanliegern die Pflicht auferlegt werden, Maßnahmen zur Erhaltung und Ergänzung der auf dem Straßenkörper befindlichen Bepflanzungen zu dulden (vgl. § 32 Abs. 2 S. 1 StrWG NW, § 33 SStrG). Dies umfasst auch die Pflicht zur Duldung der Pflanzungen als solche. Diese Duldungspflicht ist eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG.
bb) Sicherungsmaßnahmen an der zur Straße gehörenden Stützmauer
Rz. 52
Eine Stützmauer ist nur dann Bestandteil einer öffentlichen Straße, wenn zwischen Straße und Stützmauer ein funktioneller Zusammenhang besteht. Für die Feststellung eines funktionellen Zusammenhangs sind zunächst die heutigen erkennbaren örtlichen Verhältnisse zugrunde zu legen. Im Einzelfall kann sich Abweichendes jedoch aus heute noch zuverlässig ermittelbaren Umständen zum Zeitpunkt der Errichtung der Straße ergeben.
Werden Sicherungsmaßnahmen an der zur Straße gehörenden Stützmauer notwendig, so kann der Eigentümer des Anliegergrundstücks mit Mitteln des Polizeirechts (insbesondere durch polizeiliche Verfügung) auf Duldung des Betretens des Grundstücks und der Beseitigung von Aufwuchs auf seinem Grundstück – grundsätzlich allenfalls als Nichtstörer i.S.d. Polizeirechts – in Anspruch genommen werden.
cc) Standsicherheit von Straßenbäumen
Rz. 53
Die im LandesStrG öffentlich-rechtlich ausgestaltete Straßenverkehrssicherungspflicht umfasst auch die Sorge für die Standsicherheit von Straßenbäumen. Kommt es zu Schäden, so sind Amtshaftungsansprüche gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB möglich. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erstreckt sich die Straßenverkehrssicherungspflicht auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume. Der Verkehrssicherungspflichtige hat daher Bäume oder solche Teile von ihnen zu entfernen, die den Verkehr konkret gefährden, insbesondere wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzufallen drohen. Hierzu sind regelmäßige äußere (Sicht-)Kontrollen vorzunehmen. Eine eingehende fachmännische Untersuchung ist nur dann vorzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die der Erfahrung nach auf eine besondere Gefährdung hindeuten. Die Folgen eines natürlichen Astbruchs gehören grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko. Daher bedarf es die...