Rz. 40
§ 4 ArbGG eröffnet die Möglichkeit, in bestimmten Fällen der Zuständigkeit nach § 2 Abs. 1 oder 2 ArbGG den Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit durch Schiedsvertrag zu vereinbaren. Durch solche Vereinbarungen können gem. § 101 Abs. 1 und 2 ArbGG gebildet werden:
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Tarifschiedsgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, |
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Bühnenschiedsgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, dessen persönlicher Geltungsbereich überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende oder Artisten umfasst und |
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Schiedsgerichte für Kapitäne und Besatzungsmitglieder für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, dessen persönlicher Geltungsbereich überwiegend Kapitäne und Besatzungsmitglieder i.S.d. §§ 2 und 3 SeemG umfasst. |
Rz. 41
Der Gesetzgeber hat allerdings nur die Tarifvertragsparteien selbst mit der Kompetenz versehen, derartige Schiedsverfahren zu vereinbaren. Die Schiedsgerichtsvereinbarung gilt für nicht tarifgebundene Parteien, deren Rechtsverhältnis sich aus anderen Gründen – z.B. wegen einzelvertraglicher Bezugnahme – nach dem Tarifvertrag regelt, nur, wenn die Parteien dies ausdrücklich schriftlich vereinbart haben. Ein Antrag im Beschlussverfahren zur Klärung einer betriebsverfassungsrechtlichen Meinungsverschiedenheit ist allerdings unzulässig, wenn sich die Betriebsparteien verpflichtet haben, in einem solchen Konfliktfall zunächst eine innerbetriebliche Einigung in einem von ihnen vereinbarten Verfahren zu versuchen. Ein solches Vorverfahren ist keine nach § 4 ArbGG unzulässige Schiedsvereinbarung, sondern eine Arbeitgeber und Betriebsrat durch § 76 Abs. 6 BetrVG eröffnete Möglichkeit, zwischen ihnen bestehende Meinungsverschiedenheiten vorrangig einer innerbetrieblichen Konfliktlösung zuzuführen und erst nach deren Scheitern der anderen Betriebspartei die Einleitung eines Beschlussverfahrens zu ermöglichen (BAG v. 16.8.2011 –1 ABR 22/10 – Rn 17, BAGE 139, 25; BAG v. 11.2.2014, BB 2014, 1908). Das anzurufende Gremium muss allerdings auch die Kompetenz besitzen, den Streit zu entscheiden. Fehlt beispielsweise ein Konfliktlösungsmechanismus für den Fall, das eine anzurufende Kommission nicht zu einer Mehrheitsentscheidung gelangt, wäre einer Betriebspartei eine Anrufung der Gerichte gegen den Willen der anderen Betriebspartei dauerhaft unmöglich. Der damit verbundene Ausschluss der Gerichte für Arbeitssachen verstößt gegen § 4 ArbGG (BAG v. 11.12.2018 – 1 ABR 12/17, NZA 2019, 480).
Rz. 42
Auf Aufhebung des Schiedsspruches kann nach § 110 ArbGG geklagt werden,
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wenn das schiedsgerichtliche Verfahren unzulässig war, |
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wenn der Schiedsspruch auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht, |
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wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen gegen ein gerichtliches Urteil nach § 580 Nr. 1 bis 6 ZPO die Restitutionsklage zulässig wäre. |
Rz. 43
Für die Klage, die binnen einer Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung des Schiedsspruches zu erheben ist, ist das ArbG zuständig, das für die Geltendmachung des Anspruches zuständig wäre.