1. Bürgerliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
Rz. 3
Der § 2 Abs. 1 ArbGG zählt zehn Fallgruppen auf, für die ausschließlich die Gerichte für Arbeitssachen im Urteilsverfahren zuständig sind. Praktisch am bedeutsamsten ist § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG, der die ausschließliche Zuständigkeit begründet für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
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aus dem Arbeitsverhältnis, |
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über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses, |
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aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen, |
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aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, |
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über Arbeitspapiere. |
In diesen Fällen und auch in den weiteren Fallgruppen des § 2 Abs. 1 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen nur zuständig für bürgerliche Streitigkeiten.
Rz. 4
Eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 ArbGG ist gegeben, wenn der Streitgegenstand eine unmittelbare Rechtsfolge des Zivilrechtes darstellt (BAG v. 22.9.1999, NZA 2000, 55; BAG v. 19.8.2008, NZA 2008, 1313). Dagegen liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, wenn die Parteien sich in einem Über-/Unterordnungsverhältnis gegenüberstehen. Entscheidend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch abgeleitet wird (GmS OGB v. 10.4.1986, BGHZ 97, 312; BAG v. 22.11.2016 – 9 AZB 41/16, NZA 2017, 581–584). Maßgeblich ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechtes geprägt wird. Für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten sind die VGe, SGe oder FGe zuständig.
Beispiel
Empfänger von Alg II, die entsprechend § 16 Abs. 3 S. 2 SGB II im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung beschäftigt werden (sog. Ein-Euro-Jobs), haben (erfolglos) versucht, vor den Gerichten für Arbeitssachen die "normale" Arbeitsvergütung einzuklagen mit der Begründung, sie seien über die Zulässigkeitsschranken des § 16 Abs. 3 S. 2 SGB II hinaus unterschiedslos wie alle anderen Arbeitskollegen auch tätig.
Das BAG hat in seinem Urt. v. 26.9.2007 (5 AZR 857/06, NZA 2007, 1422) entschieden, dass Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung ein von Rechtssätzen des öffentlichen Rechtes geprägtes Rechtsverhältnis begründen. Der Sinn des in § 16 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 SGB II normierten Ausschlusses eines Arbeitsverhältnisses bestehe gerade darin, ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis überhaupt auszuschließen. Die ArbGe sind daher für solche Streitigkeiten nicht zuständig.
a) Arbeitnehmerbegriff als Anknüpfung für die Zuständigkeit
Rz. 5
Für die Beurteilung der Frage, ob eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vorliegt, bildet der Arbeitnehmerbegriff den zentralen Anknüpfungspunkt für die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit. Arbeitnehmer i.S.d. ArbGG sind nach dessen § 5 Abs. 1 S. 1 Arbeiter und Angestellte sowie die zur Berufsausbildung Beschäftigten. Weil in der Vorschrift nicht näher definiert, ist vom allgemeinen Arbeitnehmerbegriff auszugehen. Arbeitnehmer ist danach, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags in persönlicher Abhängigkeit weisungsgebundene fremdbestimmte Arbeit für einen Dritten, den Arbeitgeber, leistet (BAG v. 22.11.2016 – 9 AZB 41/16; vgl. ausführlich § 16 Rdn 77 ff.).
Arbeitgeber ist demgegenüber, wer zumindest einen Arbeitnehmer beschäftigt (BAG v. 15.3.2011, NZA 2011, 653).
Rz. 6
Zu den Arbeitnehmern i.S.d. ArbGG zählen auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Der Auszubildende muss aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages "beschäftigt" werden. Ausschlaggebend für die Stellung als "Beschäftigter" i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG ist weder der Lernort noch die Lehrmethode, sondern der Inhalt des Ausbildungsvertrages (BAG v. 24.2.1999, DB 1999, 1019 = BB 1999, 748). Zu beachten ist, dass bei Ausbildungsstreitigkeiten zunächst eine Verhandlung vor dem Ausschuss der Handwerksinnung oder der sonst nach dem BBiG zuständigen Stelle stattfinden muss, falls ein solcher Ausschuss gebildet worden ist (§ 111 Abs. 2 ArbGG), bevor Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben wird; ansonsten ist sie unzulässig (LAG Rheinland-Pfalz v. 4.8.2011 – 8 Ta 137/11; LAG Nürnberg v. 2.9.2009 – 4 Ta 85/09; LAG Schleswig-Holstein v. 20.1.2009 – 1 Ta 206/08, Ez.B. § 111 ArbGG Nr. 45).
Rz. 7
Darüber hinaus nimmt § 5 ArbGG folgende, für die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit maßgeblichen Abgrenzungen vor:
Rz. 8
Als Arbeitnehmer gelten:
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die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten, § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG, |
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sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind, § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG, was insb. bei sog. freien Mitarbeitern zu prüfen ist und auch auf Franchisenehmer zutreffen kann (vgl. BAG v. 16.7.1997 – 5 AZB 29/96, NZA 1997, 1126 = DB 1997, 1524), |
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Handelsvertreter, die an sich selbstständige Kaufleute sind, nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehm... |