Rz. 37
Durch § 3 ArbGG wird die Rechtswegzuständigkeit über den sich aus den §§ 2, 2a ergebenden Personenkreis hinaus auf die Rechtsnachfolger und diejenigen erweitert, die kraft Gesetzes an der Stelle der Berechtigten oder Verpflichteten zur Prozessführung befugt sind. Typische Rechtsnachfolgestreitigkeiten sind die Fälle, in denen im Hinblick auf die Gewährung von Sozialleistungen kraft gesetzlichen Forderungsüberganges der nicht erfüllte Arbeitsentgeltanspruch auf den Leistungsträger übergeleitet wird, der sodann Klage gegen den Schuldner erhebt (z.B. bei Krankengeld- oder Arbeitslosengeldzahlungen nach § 115 SGB X oder bei Zahlung von Insolvenzgeld nach § 187 SGB III).
Rz. 38
Auch die Zuständigkeit für "Drittschuldnerklagen", bei denen der Gläubiger eines Arbeitnehmers die gepfändete Arbeitsvergütung gegen den Arbeitgeber einklagt (§§ 840, 841 ZPO) folgt aus § 3 ArbGG. Das gilt auch, soweit ein fingierter Vergütungsanspruch für die in Abhängigkeit erbrachte Dienstleistung gepfändet wird (BGH v. 23.2.1977, AP ZPO § 850h Nr. 15).
Rz. 39
Aus § 3 ArbGG ist darüber hinaus der Rechtsgrundsatz abzuleiten, dass die Zuständigkeit der ArbGe nicht dadurch berührt wird, dass Gläubiger oder Schuldner der von § 2 oder § 2a ArbGG erfassten arbeitsrechtlichen Streitgegenstände wechseln (BAG v. 11.11.1986 – 3 AZR 228/86, DB 1987, 1596 = BB 1987, 1394). Deshalb ergibt sich auch aus § 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer die Gesellschafter seiner Arbeitgeber-GmbH im Wege der Durchgriffshaftung in Anspruch nimmt (BAG v. 13.6.1997 – 9 AZB 38/96, NZA 1997, 1128 = DB 1997, 2028). Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 27.2.2008 (NZA 2008, 542), in der es um die Rückforderungen von Arbeitsvergütung durch den Insolvenzverwalter ging, nochmals klargestellt, dass § 3 ArbGG nicht voraussetzt, dass der Rechtsnachfolger an die Stelle des ursprünglichen Schuldners getreten ist. Folglich begründet § 3 ArbGG auch für diese Fallgestaltung und arbeitsrechtliche Ansprüche aus eigenständigen Rechtsgründen wie die Bürgschaft, das Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB), die Firmenfortführung (§§ 25, 28 HGB) oder den Schuldbeitritt die Zuständigkeit der ArbGe (BAG v. 31.3.2009, ZIP 2009, 831 f.; BAG v. 5.12.2013, NZA 2014, 22–223). Stellt der Kläger seine ursprünglich auf Einziehung gepfändeten Arbeitseinkommens gerichtete Drittschuldnerklage auf eine Schadensersatzklage wegen Nichterfüllung der Erklärungspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO um, bleibt das angerufene Arbeitsgericht für den neuen Klageantrag gem. § 2 Abs. 3 ArbGG zuständig. Dies gilt unabhängig davon, ob der Drittschuldner in die Klageänderung eingewilligt hat oder ob sie sachdienlich ist (LAG Köln v. 6.11.2020 – 9 Ta 176/20).