Rz. 52

Eine gewerbliche Betätigung auf der gewidmeten Straßenfläche ist in jedem Falle eine Sondernutzung;[96] sie unterfällt grundsätzlich nicht dem "kommunikativen Verkehr".[97]

 

Rz. 53

 

Beispiele

Gastwirtschaft vor dem Lokal, auf der Straße,[98] Imbissstand im Straßenraum,[99] Aufstellen eines Verkaufsständers vor anliegendem Gewerbebetrieb,[100] Verteilen von gewerblichem Werbematerial. Werbemaßnahmen auf öffentlicher Straße durch Umhergehen von Personen mit sog. "Moving-Boards" gehören nicht zum kommunikativen Gemeingebrauch und stellen eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar.[101] Das Aufstellen von Anhängern mit aufgebauten Behältern zur gewerblichen Altkleidersammlung auf öffentlichen Straßen stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar.[102] Versagung einer Sondernutzung für Werbevitrine.[103] Sondernutzungserlaubnis für mobile Verkaufswagen in Fußgängerzone.[104]

 

Rz. 54

Die gewerbliche Straßenprostitution ist wie die sonstige kommerzielle Straßennutzung zu behandeln. Sie ist Sondernutzung.[105]

 

Rz. 55

Ist die Tätigkeit Teil einer wirtschaftlichen Betätigung, insbesondere der Ausübung eines Gewerbes i.S.d. § 14 GewO, wird die Tätigkeit des Straßenwerbers regelmäßig eine erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellen.[106]

 

Rz. 56

Anhänger der Scientology-Bewegung, die auf öffentlichen Verkehrsflächen Passanten ansprechen oder Druckerzeugnisse verteilen und dadurch für den Erwerb von Büchern oder Dienstleistungen werben, üben eine gewerbliche Tätigkeit aus, die den Gemeingebrauch überschreitet.[107]

 

Rz. 57

Ob eine Wegenutzung dem kommunikativen Verkehr und damit dem Gemeingebrauch zuzurechnen ist oder ob sie als Gewerbeausübung im Sinne des Straßen und Wegerechts (vgl. im Fall: § 16 Abs. 2 S. 1 HambWG). zu den Sondernutzungen zählt, ist maßgeblich anhand des äußeren Erscheinungsbildes der konkreten Wegenutzung zu beurteilen. Auf die äußerlich nicht erkennbaren Absichten und Motive des Wegebenutzers kommt es nicht an.[108]

[96] Siehe dazu Sauthoff, NVwZ 1998, 243, 245; NVwZ 2004, 674, 679 f.
[97] BayVBl 1996, 665; VG Augsburg BayVBl 1997, 667, 668; differenzierend vgl. auch HambOVG zfs 1996, 440 m.w.N.; siehe dort auch Hinweis der Schriftleitung; VGH BW zfs 1996, 476; 1997, 199; VBlBW 2000, 281 = zfs 2000, 179 – Ls.; NdsOVG NVwZ-RR 1996, 247.
[98] Zur behördlichen Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis allgemein und speziell für Außengastronomie vgl. OVG NRW, Beschl. v. 1.7.2014 – 11 A 1081/12, NVwZ-RR 2014, 710.
[99] VGH BW zfs 1997, 199.
[100] VGH BW VBlBW 2000, 281 = zfs 2000, 179 – Ls.
[101] OVG NRW, Beschl. v. 17.7.2014 – 11 A 2250.
[102] OVG NRW NVwZ-RR 1997, 384; vgl. auch OVG Bremen NVwZ-RR 1997, 385; dazu ausführlich unter Rdn 59 ff..
[103] VGH BW NVwZ 1998, 652.
[104] VG Braunschweig NZV 1997, 454.
[105] Wohlfarth, Rechtsfragen um die Prostitution, VR 2004, S. 126 ff.
[106] Dazu BVerwG NJW 1997, 406, 408; HambOVG GewArch 1985, 279; NdsOVG NVwZ-RR 1996, 244, 247; BayObLG NVwZ 1998, 104 = DÖV 1997, 1054 = BayVBl 1998, 29.
[107] VGH BW zfs 1996, 476 = NVwZ 1998, 91; vgl. auch BayObLG NVwZ 1998, 104; NdsOVG NVwZ-RR 1996, 244 und 247.
[108] Zum Ansprechen von Passanten durch angebliche Religionsgemeinschaft "Scientology": HambOVG, Urt. v. 19.1.2012 – 4 Bf 269/10, NVwZ-RR 2012, 424; HambOVG, Urt. v. 14.12.1995, Bf II 1/93, NJW 1996, 2051. HambOVG, Urt. v. 19.1.2012 – 4 Bf 269/10, NVwZ-RR 2012, 424: "Für die Maßgeblichkeit des äußeren Erscheinungsbildes spricht zunächst, dass hierdurch schwierige Abgrenzungsfragen vermieden und klare, ermittelbare und überprüfbare Anknüpfungspunkte für die wegerechtliche Zuordnung einer Tätigkeit bzw. eines Verhaltens vorgegeben werden. Es ist schließlich auch nicht deshalb geboten, für die Abgrenzung von Gemeingebrauch und Sondernutzung auf die verfolgten Zwecke und die inneren Absichten abzustellen, weil andernfalls solche Gewerbetreibende, die unter dem "Deckmantel" kommunikativer Wegenutzung gewerblich tätig sind, privilegiert und hierdurch unlautere Werbe- und Verkaufsmethoden gefördert würden (hierauf verweisen insbesondere VGH BW, Urt. v. 31.1.2002, NVwZ-RR 2002, 740, juris Rn 28 und OVG Bremen, Urt. v. 25.2.1997, GewArch 1997, 285, juris Rn 121). Denn etwaigen unlauteren Methoden muss nicht zwingend mit den Mitteln des Wegerechts begegnet werden. Hier kann auch das Gewerberecht oder das Wettbewerbsrecht zur Anwendung gebracht werden."

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