Rz. 59

Die Diskussion um die Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen wird nicht nur im Rahmen der abfallrechtlichen Vorschriften (zum Kreislaufwirtschaftsgesetz vgl. unten unter Rdn 67) geführt. Auch das Straßen- und Wegerecht der Länder ist hier zu beachten.

Das Aufstellen von Altkleidercontainern u.Ä. im Geltungsbereich der Straßengesetze stellt eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Straßenbenutzung und erlaubnispflichtige Sondernutzung dar.[111] Es liegt aber keine Sondernutzung einer öffentlichen Straße vor, wenn ein Altkleidercontainer auf einem privaten Grundstück aufgestellt ist und von der öffentlichen Straße aus lediglich befüllt wird.[112]

 

Rz. 60

Die behördliche Ermessensentscheidung, ob in diesem Fall eine Erlaubnis zur Sondernutzung erteilt wird oder nicht, ist auch hier an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben (wie etwa die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich gegenläufiger Interessen oder die Belange des Straßen- und Stadtbildes).[113] Die Frage einer Nutzung durch einen gemeinnützigen oder gewerblichen Aufsteller ist hingegen straßenrechtlich ohne Belang, da das straßenrechtliche Sondernutzungsrecht im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral ist.[114] Rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale sind zu beanstanden (z.B. der im Marktrecht geltende Grundsatz "bekannt und bewährt").[115] Auch die Zuverlässigkeit des Antragstellers weist grundsätzlich keinen straßenrechtlichen Bezug auf. Etwas anderes gilt hier aber dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Sicherheit des Straßenverkehrs mit Blick auf das Verhalten des Antragstellers gefährdet ist.[116] Eine Begrenzung von Aufstellungsorten und eine Festlegung der Anzahl von Containern ist nach Auffassung des OVG NRW grundsätzlich möglich.[117] Bei dem Stichwort "Vermeidung einer Übermöblierung des öffentlichen Straßenraums" handele es sich um einen straßenrechtlichen Belang.[118] Werden für dieselbe Straßenfläche mehrere Anträge auf Sondernutzung gestellt, so hat die Behörde eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung vorzunehmen. Das Prioritätsprinzip kann dabei legitimes Auswahlkriterium sein.[119] Im Rahmen dieses Verteilungsermessens dürfen nicht solche Belange herangezogen werden, die keinen Bezug zum Bestand und zur Nutzung der Straße haben. Die Gemeinnützigkeit eines Sammelunternehmers darf danach auch hier kein Differenzierungsgrund sein.[120]

 

Rz. 61

Die Versagung einer Sondernutzungserlaubnis (nach niedersächsischem Landesrecht) für das Aufstellen von Alttextilcontainern auf öffentlichen Straßenflächen kann ermessensfehlerhaft sein, wenn sie auf ein der Erlaubniserteilung entgegenstehendes Konzept "Wertstoffinseln aus einer Hand" gestützt wird und dieses Konzept Folgewirkungen auf die abfallrechtliche Wettbewerbssituation nicht hinreichend berücksichtigt und auch sonst nicht schlüssig erscheint.[121]

 

Rz. 62

Die Aufforderung, sämtliche von einem Betroffenen im Stadtgebiet sowohl auf öffentlicher Wegfläche (z.B. zum Zwecke der Altschuh- und Altkleidersammlung) aufgestellte als auch auf Privatgrundstücken aufgestellte und nur über öffentliche Wegfläche zu benutzende und zu entleerende Sammelcontainer bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entfernen (Beseitigungsanordnung), ist nach den Landesstraßengesetzen grundsätzlich rechtlich möglich. Nach diesen Regelungen (vgl. z.B. § 16 Abs. 8 S. 1 StrGBW, § 18 Abs. 8 S. 1 SaarlStrG; § 17a Abs. 1 HessStrG; vgl. auch § 8 Abs. 7a FStrG) kann, sofern eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird oder ein Erlaubnisnehmer seinen Verpflichtungen (z.B. aus den mit der Sondernutzungserlaubnis verbundenen Auflagen) nicht nachkommt, die für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung oder zur Erfüllung der Auflagen anordnen.[122] Eine straßenrechtliche Sondernutzung liegt hierbei nur dann nicht vor, wenn die Benutzung eines auf einem Privatgrundstück abgestellten Sammelcontainers nicht mehr auf einer oder über eine öffentliche Verkehrsfläche stattfindet.[123]

 

Rz. 63

Bei der Beseitigungsanordnung (Grundverfügung) gelten die allgemeinen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für einen Verwaltungsakt. I.Ü. muss sie gegenüber dem Betroffenen wirksam geworden sein. Dies geschieht, indem die Anordnung ihm gegenüber bekanntgegeben wird (§ 43 Abs. 1 VwVfG). Durch bloßes Aufkleben der Beseitigungsaufforderung auf den Container geschieht dies nicht.[124] Soll Verwaltungszwang angewendet werden, so sind auch dessen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen zu beachten (vgl. dazu z.B. §§ 69, 74 HessVwVG; § 19 SaarlVwVG: schriftliche Androhung eines bestimmten Zwangsmittels [hier: Ersatzvornahme], angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung, Zustellung der Androhung, erfolgloses Verstreichen der Frist, vorläufig veranschlagte Kosten der Ersatzvornahme benennen).[125] Soll ohne "Grundverfügung" im verkürzten Verwaltungsvollstreckungsverfahren (Stichwort: sofortiger Vollzug) vollst...

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