I. § 153 StPO
Rz. 2
Hat das Verfahren – wie dies bei verkehrsrechtlichen Vorwürfen regelmäßig der Fall ist – ein Vergehen zum Gegenstand, kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Verfahrens zuständigen Gerichts das Verfahren einstellen, wenn kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht und die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre (§ 153 Abs. 1 StPO). Einer Zustimmung des Beschuldigten bedarf es hier nicht.
Rz. 3
Der Zustimmung des Gerichts bedarf es ausnahmsweise nicht bei einem Vergehen, das (wie Verkehrssachen) nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist, und die durch die Tat verursachten Folgen gering (= bis 50 EUR) sind.
Nach Anklageerhebung bedarf die Einstellung durch das Gericht der Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten (§ 153 Abs. 2 StPO).
II. § 153a StPO
Rz. 4
Auch, wenn zwar ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, die Schwere der (evtl.) Schuld aber einer Einstellung nicht entgegensteht, kann vor Erhebung der Anklage die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Verfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten und nach Anklageerhebung das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren unter Auflagen einstellen, die geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen. Durch die Zahlung darf allerdings keine Gläubigerbenachteiligung eintreten (BGH NJW 2008, 2506).
Rz. 5
Ursprünglich konnte nach § 153a StPO nur eingestellt werden, wenn das Verschulden als gering anzusehen war. Der Gesetzgeber hat jedoch mit der im Rahmen des Rechtspflegeentlastungsgesetzes erfolgten Änderung, wonach jetzt nur noch die Schwere der Schuld nicht entgegenstehen darf, die Voraussetzungen geschaffen, dass die Vorschrift auch auf mittlere Kriminalität, also (mit Ausnahme des § 315b StGB) auf alle Verkehrsdelikte angewandt werden kann.
Rz. 6
Achtung: Zustimmung des Nebenklägers nicht erforderlich
Der Nebenkläger muss zwar zur beabsichtigten Einstellung gehört werden, seine Zustimmung ist für die Verfahrenseinstellung jedoch nicht Voraussetzung.
Rz. 7
Unabhängig davon sollte der Verteidiger in Unfallsachen die zur Regulierung des Schadens notwendigen Erklärungen abgeben bzw. von sich aus Wiedergutmachungsleistungen gem. § 153a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 StPO anbieten.
Rz. 8
Achtung: Bevorstehender Fahrerlaubnis-Erwerb
An ein Aufbauseminar gem. § 153a Nr. 6 StPO ist vor allem zu denken, wenn Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG vorgeworfen wird, vor allem bei jugendlichen Angeklagten, da im Falle einer Einstellung kein Registereintrag einem baldigen Erwerb der Fahrerlaubnis entgegensteht.
Einstellungen nach §§ 153, 153a StPO werden nämlich in kein Register eingetragen und damit auch nicht bepunktet.
III. Kostenentscheidung
Rz. 9
Im Falle einer Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO ergeht – anders im Falle der Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO (§ 464 Abs. 1 i.V.m. § 467 Abs. 1–4 StPO) – keine Kostenentscheidung. Im Falle einer Einstellung nach § 153a StPO sind die Kosten zwingend der Staatskasse aufzuerlegen, notwendige Auslagen dürfen hier jedoch nicht auferlegt werden. Die notwendigen Auslagen des Nebenklägers trägt in der Regel (jedoch nicht zwingend) der Angeklagte (§ 472 Abs. 2 S. 2 StPO).
IV. Achtung: Keine Schuldfeststellung
Rz. 10
Mit der Einstellung gem. § 153a StPO ist keine Schuldfeststellung verbunden, nach wie vor ist die Unschuldsvermutung nicht widerlegt (BVerfG NJW 1987, 2427; NJW 1991, 1530), so dass der Versicherer für die behauptete Tatbestandserfüllung (z.B. Vorwurf Unfallflucht) voll beweispflichtig bleibt.
V. Strafklageverbrauch
Rz. 11
Sowohl die Einstellung gem. § 153 Abs. 2 StPO als auch die nach § 153a StPO hat einen Strafklageverbrauch zur Folge. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sich die Tat nachträglich als Verbrechen darstellt (BGH NJW 2004, 375).