Rz. 43

Der Hersteller ist auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zur Rücknahme von Vertragswaren bei Beendigung des Vertragshändlervertrages aufgrund der nachvertraglichen Treuepflicht oder als Schadensersatzleistung zum Rückkauf des restlichen Warenlagers, das der Vertragshändler zu unterhalten hatte, verpflichtet,[115] unabhängig von einer etwaigen Verantwortlichkeit für die Kündigung. Streitig ist allerdings, ob die Rücknahmeverpflichtung für Ersatzteile und Spezialwerkzeuge[116] gilt. Der BGH[117] hat die Rücknahmeverpflichtung für Vorführwagen und Maschinen bejaht. Die gesetzliche Rücknahmepflicht erstreckt sich auch auf Vertragsware, die der Vertragshändler zum Zwecke der Einkaufsfinanzierung an die konzerneigene Bank des Herstellers sicherungsübereignet hatte.[118] Ebenfalls streitig sind einzelne Voraussetzungen der Rücknahmeverpflichtung (Besonderheiten bei außerordentlicher Kündigung des Vertragshändlers; vgl. Rdn 12 ff.).[119]

 

Rz. 44

Als Rückkaufpreis ist grds. vom jeweils gültigen Listenpreis des Herstellers unter Abzug von Rabatten und sonstigen Nachlässen auszugehen. Allenfalls kommt der Abzug einer Bearbeitungsgebühr in Betracht.[120] Vorführwagen sind mit einem Abschlag zurückzunehmen, der formularmäßig vereinbart werden kann.[121] Ausschlussfristen zur Geltendmachung des Rückkaufanspruchs begegnen Bedenken, jedenfalls müssen angemessene Fristen gewahrt werden.[122]

Der Hersteller seinerseits hat einen Anspruch auf Rückgabe der Vertragsware, weil der Hersteller durchaus ein berechtigtes Interesse daran hat, dass seine Produkte ausschließlich im Rahmen des selektiven Vertriebssystems vertrieben werden, zu dem der ausgeschiedene Vertragshändler nicht mehr gehört. Für den Fall, dass der Hersteller die Rückgabe der Vertragsware beansprucht, ist jedoch – insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzips – der Abzug einer Pauschale von maximal 10 % sowie eine Übernahme der Transportkosten durch den Vertragshändler nicht angemessen.[123]

[115] St. Rspr., vgl. z.B. BGH v. 17.11.1999 – VIII ZR 325/97, BB 2000, 326; BGH v. 17.11.1999 – VIII ZR 326/97, NJW 2000, 1191; OLG Frankfurt v. 13.3.2019 – 12 U 37/18; OLG Düsseldorf I-16 U 199/10; Röhricht/v. Westphalen, Besondere Handelsverträge, Vertragshändlerverträge Rn 115 ff.; v. Westphalen, Rn 52 ff.; Genzow, Rn 130–135; Martinek/Semler/Flohr/Manderla, § 25 Rn 54; Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau/Kübler, Rn 702 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310 Rn 969 ff.; Westphal, Rn 653 ff.
[116] Vgl. Genzow, Rn 135; Röhricht/v. Westphalen, Besondere Handelsverträge, Vertragshändlerverträge Rn 129; v. Westphalen, Rn 58 f.; v. Westphalen, BB 1999, 1518.
[117] Vgl. BGH NJW 1994, 1060, 1067.
[118] Vgl. BGH NJW 1994, 1060, 1067.
[120] Vgl. BGH NJW-RR 1988, 1077, 1081; BGH BB 1995, 113, 115: 10 % gerade noch zulässig; OLG München BB 1993, 1753.
[121] Vgl. BGH NJW 1994, 1060, 1067: 0,12 DM pro gefahrenem km für Vorführ- und Lagerfahrzeug an sich i.O., zusätzliche Pauschalen allerdings problematisch; OLG Düsseldorf I-16 U 199/10: die Rücknahme von Vorführmotorrädern abgelehnt; Röhricht/v. Westphalen, Besondere Handelsverträge, Vertragshändlerverträge Rn 130.
[122] Vgl. BGH BB 1995, 113, 115; v. Westphalen, Rn 64: sechs Monate angemessen; vgl. auch Röhricht/v. Westphalen, Besondere Handelsverträge, Vertragshändlerverträge Rn 128.
[123] Vgl. Genzow, Rn 134.

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