Rz. 2
Vertragshändler – auch Eigenhändler genannt – ist ein Kaufmann, dessen Unternehmen in die Vertriebsorganisation eines Herstellers von Markenwaren in der Weise eingegliedert ist, dass er es durch Vertrag mit dem Hersteller oder einem von diesem eingesetzten Zwischenhändler ständig übernimmt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Vertragswaren im Vertragsgebiet zu vertreiben und ihren Absatz zu fördern, die Funktionen und Risiken seiner Handelstätigkeit hieran auszurichten und im Geschäftsverkehr das Herstellerzeichen neben der eigenen Firma herauszustellen.
1. Eingliederung in die Vertriebsorganisation des Herstellers
Rz. 3
Notwendigerweise ist der Vertragshändler in die Absatzorganisation des Herstellers eingebunden und in seiner Tätigkeit bestimmten Weisungen des Herstellers unterworfen. Ob oder in welchem Umfang dies der Fall ist, hängt von den Bestimmungen des jeweiligen Vertrages ab.
2. Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung
Rz. 4
Der Vertragshändler ist regelmäßig ein Handelsunternehmer, ein selbstständiger Gewerbetreibender. Er handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Eine Befugnis zur Vertretung des Herstellers steht ihm regelmäßig nicht zu. Er ist finanziell selbstständig, setzt eigenes Kapital ein und trägt das Absatzrisiko für den Vertrieb der Vertragsware in voller Höhe selbst. Der Vertrieb im eigenen Namen bedeutet, dass der Warenbezug an sich durch getrennte Kaufverträge erfolgt, so dass für die Rechtsbeziehung teilweise das Kaufrecht gilt.
3. Ständige Betrauung
Rz. 5
Der Vertragshändler steht in einem auf Dauer gerichteten Vertragsverhältnis zu einem bestimmten Lieferanten. Die Vertragshändlerbeziehung ist demnach als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren.
4. Förderung des Absatzes von Markenwaren als Gegenstand des Vertrages
Rz. 6
Der Vertragshändlervertrag ist darauf gerichtet, den Absatz der im Vertrag genannten Waren des Herstellers, der Vertragsware, zu fördern. Die damit verbundene Interessengleichrichtung der Parteien beruht auf der Bereitschaft des Vertragshändlers, sich das Interesse des Herstellers am Absatz der Vertragswaren zu eigen zu machen. Die Absatzförderungspflicht des Vertragshändlers setzt damit voraus, dass die Waren nach ihrer Herkunft individualisierbar sind, um den Erfolg der Tätigkeit des Vertragshändlers den Vertragsparteien zugutekommen zu lassen.
5. Anwendbarkeit der Normen über den Handelsvertreter
Rz. 7
Die Pflichten des Vertragshändlers können aufgrund der Eingliederung in den Organisationsbetrieb des Herstellers denen des Handelsvertreters sehr ähneln (vgl. § 20 Rdn 19 ff.). Deshalb sind nach ständiger Rechtsprechung folgende Regelungen des Handelsvertreterrechts analog anwendbar: das Wettbewerbsverbot, der Auskunftsanspruch wegen unzulässigen Wettbewerbs des Herstellers sowie § 86a HGB hinsichtlich der Pflichten des Herstellers, § 87d HGB zum Aufwendungsersatz, die Kündigungsfristen des § 89 HGB (vgl. Rdn 15 ff.), die Regelungen über die außerordentliche Kündigung des § 89a HGB sowie § 90a Abs. 1 S. 2 und 3 HGB zum Wettbewerbsrecht und schließlich die Regelungen über den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Keine Anwendung finden dagegen § 87 Abs. 2 HGB zum Bereichs- und Kundenschutz, die Regelungen der §§ 87 ff. HGB über die Provision sowie § 92c HGB. Eine Vereinbarung, die gegen eine zwingende Bestimmung verstößt, ist unwirksam. An ihre Stelle tritt in der Regel die gesetzliche Regelung.