1. Interessenwahrungspflicht
Rz. 20
Die Interessenwahrungspflicht des Vertragshändlers geht positiv auf Unterrichtung über die Entwicklung des Vertriebs und die dabei gewonnenen, das gemeinsame Interesse berührenden allgemeinen Erkenntnisse, z.B. über Einsatz der gebotenen verkaufsfördernden Maßnahmen, Werbung, Kundendienst. Der Vertragshändler richtet sein Augenmerk auf die Verletzung der Schutzrechte der von ihm vertretenen Marke im Vertragsgebiet und geht allen Tatbeständen dieser Art nach, zumal er aus eigenem Interesse dazu aufgerufen ist.
2. Förderungspflicht
Rz. 21
Kernpunkt des Vertragshändlervertrages ist die Absatzförderung durch den Vertragshändler, dh die Herbeiführung möglichst vieler Kaufentscheidungen von Kunden: Sie beginnt mit der Warenverkaufspräsentation und umfasst die Einrichtung und Unterhaltung eines Kundendienstes, der für die für den Vertragshandel geeigneten Markenprodukte regelmäßig notwendig ist. Aus dieser Pflicht ergeben sich schließlich verschiedene Informationspflichten des Vertragshändlers. Neben der Marktbeobachtungspflicht geht es um die Beobachtung der Marktentwicklung im Vertragsgebiet. Diese Informationen sind für den Hersteller im Rahmen einer Gesamteinschätzung der Absatzmöglichkeiten relevant, damit er die Produktion frühzeitig auf veränderte Marktgegebenheiten einstellen und damit unnötige und Preis treibende Fehlentwicklungen vermeiden kann. Die Informationspflichten betreffen daneben Fälle des Bekanntwerdens von Schutzrechtsverletzungen Dritter. Daraus kann sich auch die Verpflichtung ergeben, im Vertragsgebiet die wichtigsten Messen zu besuchen.
3. Werbepflichten
Rz. 22
Um diese aktive Marktbearbeitung zu sichern, sind im Vertragshändlervertrag stets spezielle Regelungen zur Ausgestaltung der Werbepflicht zu finden. Es steht dem Hersteller frei, den Vertragshändler an die Einhaltung von Werberichtlinien, Werbeformen und Werbeinhalten zu binden, sowie eine Mindestwerbeverpflichtung vorzusehen. Dies kann entweder in Form von absoluten Euro-Beträgen oder in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes – bezogen auf den Netto-Umsatz des Vertragshändlers – geschehen. Die Verpflichtung zur Werbung findet ihre Grenze in dem Bereich der finanziellen Knebelung des Vertragshändlers.
4. Geheimhaltungspflicht
Rz. 23
Aus der Interessenwahrnehmungspflicht folgt zudem, dass der Vertragshändler Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Herstellers zu wahren hat. Diese Pflicht wirkt auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses fort und erlischt erst, wenn der Hersteller das Interesse an der Geheimhaltung verloren hat oder das Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis auf anderem Wege bekannt geworden ist. Unter ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis fallen alle Tatsachen, die mit dem Geschäftsbetrieb des Herstellers zusammenhängen, nur einem eng umgrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Herstellers geheim gehalten werden sollen, so z.B. technische Daten, Kalkulationsunterlagen, Bilanzen, Anschriften von Lieferanten, in Ausnahmefällen sogar Kundenlisten. Ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht stellt sogar einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Es empfiehlt sich, eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu vereinbaren.
5. Abnahmepflichten
Rz. 24
Den Vertragshändler trifft aufgrund des Geschäftsbesorgungscharakters des Vertragshändlervertrages eine allgemeine Abnahmepflicht, diese wird allerdings nicht mit einer bestimmten Menge konkretisiert. In den Vertragshändlerverträgen sind des Öfteren auch Mindestabnahmepflichten vorgesehen, bei deren Bemessung der tatsächliche Bedarf des Vertragshändlers zu berücksichtigen ist und deren Nichteinhaltung zu einem Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 281 BGB führt. Nach erfolgter Abmahnung ist dies ein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Hiervon zu unterscheiden sind die Umsatzvorstellungen, die die Partei lediglich als Ziel setzt und nicht zu einem Schadensersatzanspruch führen.
6. Bevorratungspflicht
Rz. 25
In engem Zusammenhang mit der allgemeinen Abnahmepflicht des Vertragshändlers steht seine Verpflichtung zur Lagerhaltung. Dabei handelt es sich um eine vertragliche Nebenpflicht. Die Bestimmung der Menge der Lagerware behält sich der Hersteller regelmäßig selbst vor. Deshalb ist Grenze dieser Pflicht die Zumutbarkeit. Der Vertragshändler trägt das Risiko der Lagerhaltung, die Kosten sowie die Gefahr, die Produkte nicht absetzen zu können. Zwar können die Parteien hierfür eine Vergütungsvereinbarung treffen, dies ist jedoch eher unüblich.