1. Interessenwahrungs- und Treuepflicht
Rz. 31
Die Gegenleistung des Herstellers für die Absatzförderungsleistung des Vertragshändlers liegt in der Gewährung der imagebedingten besonderen Gewinnaussichten der Produktpalette des Herstellers. Daraus ergibt sich die für die Vertragsgestaltung und -durchführung wichtigste Pflicht des Herstellers: Er muss alles unterlassen, was die Gewinnerzielung des Vertragshändlers beeinträchtigen könnte, es sei denn, er sieht einen Ausgleich für den Vertragshändler vor oder es gibt sachlich gerechtfertigte Gründe für die jeweilige Maßnahme. Da es sich hierbei um eine vertragliche Hauptpflicht des Herstellers handelt, ist hierfür – im Gegensatz zu den als Nebenpflichten bestehenden üblichen Fürsorgepflichten – der Begriff der gesteigerten Fürsorge- und Treuepflicht des Herstellers geprägt worden. Allerdings findet die Treuepflicht ihre Grenze in der Dispositionsfreiheit des Herstellers, vor allem was risikoreiche Entscheidungen angeht. Daraus ergibt sich auch die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Vertragspartner. Die Gleichbehandlungspflicht umfasst alle Maßnahmen, die die allgemeine Ausgestaltung des Vertriebsnetzes oder die Wettbewerbslage des Vertragshändlers betreffen, nicht dagegen die konkrete Ausgestaltung des Marktverantwortungsgebietes.
2. Qualitätssicherungspflicht
Rz. 32
Der Hersteller hat alle Maßnahmen zu ergreifen, um eine höchstmögliche Qualität der Markenartikel zu sichern. Insbesondere muss der Hersteller hierbei auf Hinweise und Anregungen des Vertragshändlers reagieren. Daraus lässt sich ein Informationsrecht des Vertragshändlers ableiten, das sich in der Mitteilungspflicht des Herstellers betreffend vorgenommene Maßnahmen zur Qualitätssicherung konkretisiert. Der Hersteller hat auf Hinweise seiner Vertragshändler auf Qualitätsmängel zu reagieren.
3. Belieferungspflicht
Rz. 33
Der Vertragshändlervertrag als Rahmenvertrag begründet keinen konkreten Warenaustausch, er legt nur durch Normierung der Interessenlage die Rahmenbedingungen für nachfolgende Kaufverträge fest. Deshalb ist die Lieferverpflichtung des Herstellers lediglich eine Nebenpflicht. Aus dem Vertragshändlervertrag ergibt sich mangels anderweitiger Vereinbarung keine Abschlusspflicht des Herstellers. Allerdings ergibt sich aus der Rücksichtpflicht, dass der Hersteller Bestellungen nicht ohne sachlichen Grund ablehnen darf. Der BGH lässt grds. eine Freizeichnung des Herstellers diesbezüglich nur zu, wenn er sich die Ware trotz zumutbarer Anstrengungen nicht zu besorgen vermag, weil es sich dabei um eine Haftung für unverschuldete Unmöglichkeit bei Gattungsware handele. Damit stellt der BGH die Lieferpflicht des Herstellers keineswegs in dessen Ermessen. Von Bedeutung für den Umfang der Lieferpflicht ist die zwischen dem Hersteller und dem Vertragshändler regelmäßig jährlich vereinbarte Jahreszielsetzung oder Mindestabnahmeklausel, die dem Hersteller zur Planung seiner Produktionskapazitäten und Aufteilung der Produkte auf sein Vertriebssystem dient. Darauf muss sich auch der Vertragshändler verlassen können.
4. Informationspflicht
Rz. 34
Zu den Treuepflichten des Herstellers gehört weiter eine inhaltlich stark begrenzte Informationspflicht gegenüber dem Vertragshändler. Die Pflicht zur Überlassung von Unterlagen, die für die Vertriebstätigkeit des Vertragshändlers erforderlich sind, folgt ebenso wie die Lieferpflicht des Herstellers aus dem Umstand, dass der Vertragshändler für die Ausübung seiner Tätigkeit hierauf angewiesen ist und die grundlose Weigerung des Herstellers ihn im Hinblick auf die übernommenen Bindungen unzumutbar schädigen würde. Die Informationspflicht des Herstellers beschränkt sich auf diejenigen Umstände auf der Herstellerebene, die für die Vertriebstätigkeit des Vertragshändlers wesentlich sind und deren Kenntnis ihn vor Nachteilen bei dieser Tätigkeit bewahren kann. Der Hersteller ist insbesondere verpflichtet, den Vertragshändler rechtzeitig über bevorstehende Lieferschwierigkeiten, Produktionsumstellungen oder Preisänderungen zu informieren und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, seinen Geschäftsbetrieb den veränderten Umständen anzupassen. Bei der Zusage des Alleinvertriebs erstreckt sich die Informationspflicht im Zweifel auch darauf, den Vertragshändler von Bestellungen zu unterrichten, die aus dem Vertragsgebiet direkt an den Hersteller gelangt sind, und ihm dadurch Gelegenheit zu geben, s...