A. Allgemeine Grundsätze
Rz. 1
Das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren findet gem. §§ 80 Abs. 1, 2a ArbGG bei betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten und den in § 2a Abs. 1 Nr. 2–4 ArbGG näher bezeichneten Angelegenheiten statt. Die Parteien des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens werden als Antragsteller und Beteiligte bezeichnet. Die Parteifähigkeit ist in § 10 ArbGG näher geregelt. Wer zu beteiligen ist, wird vom Gericht von Amts wegen auf der Basis materiellen Rechts festgestellt: nämlich diejenigen Stellen, die von der Entscheidung in ihren betriebsverfassungsrechtlichen Rechten betroffen sind (§ 83 Abs. 3 ArbGG; vgl. BAG v. 20.8.2014, FA 2015, 23 f.). Für personalvertretungsrechtliche Angelegenheiten sind zwar nicht die ArbGe, sondern die VGe zuständig. § 83 BPersVG verweist aber auf die entsprechende Anwendung der §§ 80 ff. ArbGG auch in diesbezüglichen Streitigkeiten. Auch auf Landesebene erklären zahlreiche Personalvertretungsregeln die Vorschriften des ArbGG über das Beschlussverfahren für entsprechend anwendbar.
Rz. 2
Gem. § 80 Abs. 2 ArbGG gelten für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszuges diejenigen Verfahrensvorschriften, die auch im Urteilsverfahren anzuwenden sind. Es gilt aber nicht der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz. Das Gericht erforscht den Sachverhalt gem. § 83 Abs. 1 S. 1 ArbGG von Amts wegen. Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken (§ 83 Abs. 1 S. 2 ArbGG). Gem. § 80 Abs. 2 ArbGG findet auch im Beschlussverfahren ein Güteverfahren statt, wenn der Vorsitzende dies anordnet. Die Güteverhandlung ist nicht obligatorisch, sondern steht im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden. Eine Güteverhandlung ist sinnvoll, wenn die Beteiligten über den Streitgegenstand verfügen können und der Vorsitzende Aufklärungsmaßnahmen ergreifen will, um das Verfahren zu beschleunigen. § 83 Abs. 1a ArbGG ermöglicht es dem Gericht, den Beteiligten (mit entsprechender Belehrung) Fristen zum Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln zu setzen.
B. Antrag
Rz. 3
Das Beschlussverfahren wird gem. § 81 Abs. 1 ArbGG auf Antrag eingeleitet. Die Antragsschrift muss einen bestimmten Sachantrag enthalten und eine Begründung. Der Antrag bestimmt das mögliche Ergebnis des Verfahrens. Auch das ArbG ist im Beschlussverfahren an § 308 ZPO gebunden und daran gehindert, über den Antrag des Antragstellers hinauszugehen (BAG v. 8.11.1983, AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Neben dem Leistungsantrag können im Beschlussverfahren auch Feststellungsanträge und Gestaltungsanträge gestellt werden. Die Leistungsanträge sind so zu fassen, dass einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird; Anträge, die lediglich die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes beinhalten, sind unzulässig (BAG v. 17.3.1987, NZA 1987, 786). Aus rechtskräftigen Beschlüssen über eine Leistungsverpflichtung findet gem. § 85 Abs. 1 ArbGG die Zwangsvollstreckung statt. Leistungsanträge können eine Verpflichtung
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zur Vornahme einer Handlung, |
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zur Unterrichtung und Vorlage von Unterlagen, |
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zur Leistung von Sachmitteln, |
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zum Gegenstand haben (BAG v., 17.5.1983 – 1 ABR 21/80, BB 1983, 1984 = DB 1983, 1986). |
Rz. 4
Muster 54.1: Leistungsanträge
Muster 54.1: Leistungsanträge
_________________________ den Arbeitgeber zu verpflichten, an den Antragsteller 200,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem EZB-Basiszinssatz seit dem 1.2.2015 zu erstatten.
oder
_________________________ die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Antragsteller von den im Verfahren pp. entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. _________________________ freizustellen.
Rz. 5
Wichtigstes Instrument zur Klärung mitbestimmungsrechtlicher Fragen ist die Feststellungsklage. Mit ihr kann eine die Beteiligten bindende Entscheidung darüber erreicht werden, ob in einer bestimmten Angelegenheit oder bei einer näher zu bezeichnenden Maßnahme ein Mitbestimmungsrecht besteht (BAG v. 16.8.1983 –1 ABR 11/82, BB 1984, 729 = DB 1984, 408). Das mit der Feststellungsklage zu klärende Rechtsverhältnis muss sich auf die Zukunft beziehen, d.h. es müssen sich aus der begehrten Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAG v. 15.12.1999 – 5 AZR 457/98, NZA 2000, 775 = BB 2000, 1252 und BAG v. 15.12.1998, DB 1999, 910). Das gem. § 256 ZPO auch im Beschlussverfahren erforderliche Feststellungsinteresse besteht daher nicht für einen Antrag, der sich darauf bezieht, dass in der Vergangenheit bei einem bestimmten Vorgang oder einer bestimmten Maßnahme das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates verletzt worden ist. Ein Feststellungsinteresse wird vom BAG auch dann verneint, wenn es dem Betriebsrat darum geht, ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG vorzubereiten (BAG v. 5.10.2000 – 1 ABR 52/99, DB 2001, 2056).
Rz. 6
Feststellungsanträge kommen ferner bspw. in Betracht
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zur Klärung der Frage, ob ein bestimmter Regelungsgegenstand von einem Mitbestimmungsrecht erfasst wird, |
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bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl gem. § 19 BetrVG, |
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bei der Überprüfung des Spruches e... |