Rz. 19

In der Praxis recht häufig ist der Fall, dass ein Arbeitnehmer anlässlich des Antrittes eines neuen Arbeitsverhältnisses die erforderlichen Arbeitspapiere (Lohnsteuerkarte, Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III, SVN; allgemein zu den Arbeitspapieren s. § 32 Rdn 2 ff.) beim neuen Arbeitgeber nicht vorlegen kann, da der alte Arbeitgeber mit der Ausstellung oder Übergabe der Papiere säumig ist.

 

Rz. 20

Bei der Klage hinsichtlich der Arbeitsbescheinigung ist zunächst zu bedenken, dass ausschließlich der Anspruch auf Ausfüllen und Herausgabe der Arbeitsbescheinigung vor den ArbGen geltend gemacht werden kann, wohingegen der Anspruch auf Berichtigung einer falsch ausgestellten Arbeitsbescheinigung der Zuständigkeit der SG unterfällt (vgl. BAG v. 13.7.1988 – 5 AZR 467/87, NZA 1989, 321 = DB 1989, 587). Gleiches ist bei falschen Angaben in der Lohnsteuerbescheinigung zu bedenken, hier sind die FG zuständig (BAG v. 11.6.2003 – 5 AZB 1/03, NZA 2003, 877 = DB 2003, 2132).

 

Rz. 21

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf die Herausgabe der Arbeitspapiere zu, der Arbeitgeber kann sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (BAG v. 20.12.1958 – 2 AZR 336/56, DB 1959, 175 = BB 1959, 197), sodass ein Verfügungsanspruch regelmäßig vorliegen wird.

 

Rz. 22

I.R.d. Verfügungsgrundes hat der Arbeitnehmer glaubhaft zu machen, dass er die Arbeitspapiere für seine neue Arbeitsstelle benötigt (LAG Berlin v. 3.12.2001 – 19 Ta 2126/01, ZTR 2002, 192). Dem Arbeitnehmer drohen konkrete, im Einzelfall durchaus nicht wieder auszugleichende Nachteile, wenn der neue Arbeitgeber die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses ohne Vorlage der Papiere ablehnt. Sofern aufgrund der fehlenden Herausgabe der Lohnsteuerkarte jedoch die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses durch den neuen Arbeitgeber nicht abgelehnt wird, sondern lediglich die Lohnsteuer nach der ungünstigen Steuerklasse 6 abgerechnet wird, kann dem Arbeitnehmer eine Geltendmachung des Schadens im Hauptsacheverfahren zugemutet werden (ebenso Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 553; a.A. Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz, I Rn 270).

 

Rz. 23

Nicht im Wege der einstweiligen Verfügung kann der Arbeitnehmer die Herausgabe des Versicherungsnachweisheftes verlangen. Es liegt kein Verfügungsgrund vor, da der neue Arbeitgeber dieses von der Sozialversicherung anfordern kann.

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