Rz. 24

Lohn- und Gehaltsansprüche können nach allgemeiner Meinung im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden (vgl. LAG Hamburg v. 6.5.1986 – 1 Ta 7/86, DB 1986, 1629 = LAGE § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 15; Vossen, RdA 1991, 216).

 

Rz. 25

Eine einstweilige Verfügung gegen den Arbeitgeber auf Auszahlung von Lohnansprüchen (zum Arbeitsentgelt s. § 17 Rdn 309 ff.) führt zu einer Befriedigung des Gläubigers. Aus diesem Grund sind an den Verfügungsgrund hohe Anforderungen zu stellen (LAG Hessen v. 9.7.1995 – 13 Ta 242/95, DB 1996, 48). Es wird deshalb gefordert, dass der Arbeitnehmer in seinem Antrag darzulegen und glaubhaft zu machen hat, dass er sich ohne Zahlung des Entgeltes in einer existenziellen Notlage befindet. Verfügbare Geldmittel, Rücklagen etc. schließen eine Notlage aus (vgl. hierzu LAG Sachsen-Anhalt v. 12.4.2010 – 6 SaGa 7/09, juris; LAG Hessen v. 9.7.1995 – 13 Ta 242/95, juris).

 

Rz. 26

Nach herrschender Meinung ist der Arbeitnehmer nicht auf die Inanspruchnahme von Alg I oder Alg II zu verweisen, da diese subsidiär sind (§ 143 Abs. 1 SGB III und § 3 Abs. 3 SGB II; vgl. LAG Bremen v. 5.12.1997 – 4 Sa 258/97, NZA 1998, 902 = DB 1998, 1628; LAG Hessen v. 9.7.1995 – 13 Ta 242/95, DB 1996, 48; Vossen, RdA 1991, 216, 222). Bezieht der Arbeitnehmer jedoch bereits Alg I oder II, fehlt es an dem für den Erlass einer Leistungsverfügung erforderlichen Verfügungsgrund, da sich der Arbeitnehmer nicht in einer Notsituation befindet (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz, I Rn 247b; Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, S. 1480 Rn 111; GMP, ArbGG, § 62 Rn 104). Ebenso scheidet ein Verfügungsgrund aus, wenn der Arbeitnehmer über leicht zu realisierende anderweitige Forderungen verfügt, die nicht erst eingeklagt werden müssen (ArbG Frankfurt am Main v. 6.1.1999 – 2 Ga 267/98, DB 1999, 289). An einem Verfügungsgrund mangelt es auch, wenn der Arbeitnehmer Geld von seinen Verwandten geliehen bekommen hat (LAG Hamm v. 29.10.2009 – 11 SaGa 28/09, juris).

 

Rz. 27

Häufig ist zu beobachten, dass der gesamte Bruttolohnanspruch des streitigen Zeitraumes im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt wird; es besteht Einigkeit darüber, dass wegen der ausnahmsweisen Befriedigungswirkung der einstweiligen Verfügung dem Arbeitnehmer durch das Eilverfahren nicht der gesamte Bruttolohnanspruch zuzusprechen ist; ihm ist zu bewilligen, was er notwendigerweise zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes benötigt. Hierbei handelt es sich um einen Nettobetrag, über die Zahlung des Bruttobetrages wird dagegen im Hauptsacheverfahren entschieden. Die überwiegende Rspr. zieht als Bemessungsgrundlage für die Höhe des Anspruches die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO heran (LAG Bremen v. 20.4.1961 – 1 Sa 48/61, DB 1961, 1295 = BB 1961, 1130; LAG Schleswig Holstein v. 26.8.1958 – 1 Ta 30/58, BB 1958, 915; a.A. LAG Baden-Württemberg v. 24.11.1967 – 7 Sa 114/67, DB 1968, 536, das als Bemessungsrahmen die Höhe des fiktiven Alg ansieht).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge