Rz. 70
Eine Beschlussverfügung muss gemäß den §§ 922 Abs. 2, 170 ZPO im Wege der Parteizustellung dem Antragsgegner bzw. seinem Prozessbevollmächtigten übermittelt werden. Ergeht eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung durch Endurteil, wird diese von Amts wegen beiden Parteien zugestellt, §§ 317, 166 Abs. 2 ZPO. Die Amtszustellung stellt jedoch keinen Vollzug i.S.d. §§ 936, 928, 929 Abs. 2 ZPO dar. Zur fristwahrenden Vollziehung auch der Urteilsverfügung muss daher noch eine Zustellung im Parteibetrieb erfolgen. Nur durch die Parteizustellung signalisiert der Antragsteller/Gläubiger, dass er von der Verfügung Gebrauch zu machen gedenkt. Eine Zustellung hat bei einer Urteilsverfügung innerhalb eines Monats nach Verkündung zu erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn die vollständige Urteilsausfertigung dem Kläger erst nach Ablauf der Vollziehungsfrist zugestellt worden ist bzw. wenn der Tenor der Urteilsverfügung später wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden muss.
Rz. 71
Die Verfügung muss so zugestellt werden, wie sie tenoriert wurde. Kommt es bspw. im Rahmen der konkreten Verletzungsform auf eine bestimmte Ausstattung an (z.B. farbige Gestaltung einer Zeitschriftenwerbung), so ist die entsprechende Anlage beizufügen. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn Art und Umfang des Vollziehungswillens dem Antragsgegner klar sind. Eine Telefaxübersendung genügt nicht.
Rz. 72
Häufig wird übersehen, dass eine neue Vollziehungsfrist in Lauf gesetzt wird, wenn eine einstweilige Verfügung im Widerspruchs-, Berufungs- oder Aufhebungsverfahren (§ 927 ZPO) erweitert oder inhaltlich geändert wird. Eine häufige Fehlerquelle liegt auch darin, dass eine einstweilige Verfügung an einem Rechtsanwalt zugestellt wird, ohne dass vorher genau geprüft wurde, ob dieser sich für das Verfügungsverfahren überhaupt als Prozessbevollmächtigter bestellt hat. Hat sich bspw. in einem Abmahnverfahren ein Rechtsanwalt bestellt, ohne gleichzeitig auch auf eine Prozessvollmacht hinzuweisen, hat die Zustellung an den Antragsgegner unmittelbar zu erfolgen. Liegt aber umgekehrt eine Prozessvollmacht vor, ist die Zustellung zwingend (auch) an den Anwalt vorzunehmen (§ 172 ZPO). Die Anwaltsvollmacht (sofern vorhanden) ist daher auf eine Zustellungsvollmacht zu überprüfen. Ist die Vollziehungsfrist versäumt worden, kann der Antragsgegner die Verfügung entweder im Widerspruchsverfahren (§ 924 Abs. 1 ZPO) oder aber gemäß § 927 ZPO aufheben lassen. Bei einer Urteilsverfügung ist anstelle des Widerspruchs- das Berufungsverfahren gegeben. Dem Antragsteller sind in diesen Fällen die Kosten aufzuerlegen; er erhält seine Kosten auch dann nicht zurück, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
Rz. 73
Die Voraussetzungen einer Parteizustellung ergeben sich aus § 170 ZPO. Sofern nur eine beglaubigte Abschrift zugestellt werden soll, ist diese dem Gerichtsvollzieher zu übergeben. Die Beglaubigung ist ein wesentliches Zustellungserfordernis. Ohne sie ist eine Zustellung unwirksam. Ist die Beglaubigung nicht bereits von einem Anwalt vorgenommen worden, kann diese durch den Gerichtsvollzieher (kostenpflichtig) nachgeholt werden. Es empfiehlt sich weiterhin, dem Gerichtsvollzieher ebenfalls eine Ausfertigung der einstweiligen Verfügung zu übergeben, damit er diese mit dem Zustellungsvermerk zurückreichen kann.
Rz. 74
Gemäß § 929 Abs. 2 ZPO ist eine Verfügung innerhalb eines Monats zu vollziehen. Diese Frist ist keine Notfrist, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher nicht möglich. Eine unterbliebene Vollziehung führt daher zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung, zur Auferlegung der Verfahrenskosten sowie – je nach Sachverhaltskonstellation – zu Schadensersatzverpflichtungen. Umstritten ist, ob eine Heilung von Zustellungsmängeln in Betracht kommt. Dies ist nach der h.M. bei Urteilsverfügungen, die von Amts wegen zugestellt werden (gem. § 189 ZPO), grundsätzlich möglich, bei Beschlussverfügungen dann, wenn sie dem richtigen Zustellungsempfänger zugegangen sind. Voraussetzung ist jedoch, dass die sichere Kenntnis des Schuldners vom Inhalt der Verfügung nachgewiesen wird. Wann die Heilung eintritt, richtet sich nach § 189 ZPO.
Rz. 75
Die Gerichtsvollzieher sind grundsätzlich bemüht, dem Charakter einer Beschlussverfügung als besonders eilige Angelegenheit Rechnung zu tragen. Die Gerichtsvollzieher sind aber auch regelmäßig überlastet. Daher ist es geboten, den Zustellungsvorgang zu überwachen. Dabei ist es durchaus legitim, sich mit dem Gerichtsvollzieher zu verabreden, diesen abzuholen oder ihn aber – hat man längere Zeit nichts von der Zustellung gehört – auf die Eilbedürftigkeit und den Fristablauf hinzuweisen. Möglich ist auch, die Unterlagen unmittelbar an den zuständigen Gerichtsvollzieher, den man über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle erfragen kann, zu übersenden. Hier sollte man sich jedoch vergewissern, dass der Gerichtsvollzieher nicht krank oder urlaubsabwesend is...