Rz. 105

Das Abschlussverfahren stellt nicht – anders als sein Name vermuten lässt – die Beendigung des Verfügungsverfahrens dar. Es hat vielmehr die Funktion, die in der einstweiligen Verfügung getroffenen Regelungen bestandskräftig zu machen und ihr damit die gleichen Wirkungen wie einem Hauptsachetitel zukommen zu lassen.[128] Das Abschlussverfahren geht daher dem Hauptsacheverfahren voraus und wird diesem zugeordnet.[129]

 

Rz. 106

Das Abschlussverfahren besteht denknotwendig aus einer Abschlusserklärung, der häufig ein Abschlussschreiben vorangeht. Mit der Abschlusserklärung erkennt der Verfügungsbeklagte die Verfügung als endgültig an und verzichtet auf seine Rechte aus den §§ 924, 926 und 927 ZPO. Durch diese Erklärung entfällt der vorläufige Charakter der einstweiligen Verfügung. Gleichzeitig erlischt dadurch das Rechtsschutzinteresse des Verfügungsklägers an der Erhebung eines Hauptsacheverfahrens.[130] Aus diesem Grund muss der Verfügungskläger die Gegenseite zunächst mit einem Abschlussschreiben auffordern, die Verfügung als endgültig anzuerkennen. Anderenfalls trifft ihn nach h.M. die Kostenfolge des § 93 ZPO, wenn der Verfügungsbeklagte den Anspruch sofort anerkennt.[131]

Inhalt, Fristen und Kosten des Abschlussverfahrens sind heftig umstritten.

[128] Teplitzky, Kap 43 Rn 3 ff.
[129] Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 111 Rn 8.
[130] BGH GRUR 2009, 1096 – Mescher weis; OLG Frankfurt GRUR-RR 2012, 404 – Rechtschutzbedürfnis für weiteren Unterlassungstitel.
[131] BGH GRUR 1973, 384 f. – goldene Armbänder; OLG Hamburg WRP 1986, 289 – Abschlussschreiben.

a) Abschlusserklärung

 

Rz. 107

Hinsichtlich des Inhaltes der eigentlichen Abschlusserklärung besteht mittlerweile nahezu Einigkeit dahin gehend, dass der Erklärende zumindest auf die Rechte aus § 924 ZPO (Widerspruch) sowie § 926 ZPO (Fristsetzung zur Klageerhebung) verzichten muss. Neuerdings wird zunehmend die Auffassung vertreten, dass auch ein Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO (Aufhebung der Verfügung aufgrund veränderter Umstände) ausgesprochen werden muss.[132] Anderenfalls sei nicht gewährleistet, dass alle die Einwendungen abgeschnitten werden, die auch im Falle eines rechtskräftigen Hauptsacheurteils ausgeschlossen seien. Nur wenn dies aber der Fall sei, stelle das Abschlussschreiben eine endgültige und zwischen den Parteien auch materiell-rechtlich verbindliche Regelung hinsichtlich der erwirkten einstweiligen Verfügung dar.[133]

 

Rz. 108

Die Abschlusserklärung ist im Übrigen bedingungsfeindlich. Die Abgabe einer Abschlusserklärung unter der auflösenden Bedingung des rechtskräftigen Abschlusses eines Parallelverfahrens genügt nach der Rechtsprechung[134] nicht zur endgültigen Anerkennung einer Unterlassungsverfügung.

 

Rz. 109

Die Abschlusserklärung muss wegen der sich aus ihr ergebenden erheblichen Rechtsfolgen nach der überwiegenden Auffassung schriftlich erfolgen.[135] Die Schriftform empfiehlt sich aus Beweisgründen im Übrigen auch für das Abschlussschreiben (siehe Rdn 110). Anstelle einer Abschlusserklärung hat der Schuldner die Möglichkeit, eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abzugeben. Damit wird zwar nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Hauptsacheklage ausgeschlossen, wohl aber der materiell-rechtliche Anspruch. Da der Gläubiger einen Hauptsacheprozess mangels Wiederholungsgefahr verlieren würde, verhindert somit auch eine Unterwerfungserklärung das Einleiten eines Hauptsacheverfahrens. Dennoch sollte von dieser Lösung nur mit Vorsicht Gebrauch gemacht werden. Bei einer Unterwerfungserklärung haftet der Schuldner auch für Wiederholungshandlungen seiner Gehilfen.[136] Bei Verstößen gegen eine in einer einstweiligen Verfügung ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung kann der Schuldner hingegen nur für eigenes Verschulden zur Verantwortung gezogen werden.[137] Sofern der Schuldner daher die materiell-rechtlichen Wirkungen einer einstweiligen Verfügung gegen sich gelten lassen möchte, empfiehlt sich die Abgabe einer Abschluss- anstelle einer Unterwerfungserklärung.

[132] BGH GRUR 2009, 1096 – Mescher weis.
[133] OLG Hamburg WRP 1995, 648 f. – Abschlusserklärung; siehe auch BGH WRP 1989, 480, 481 – Mietwagen-Mitfahrt; BGH WRP 1991, 97, 98 – Abschlusserklärung; die Notwendigkeit des Verzichtes auf die Rechte aus § 927 ZPO hat i.Ü. Teplitzky, Kap 43 Rn 6, überzeugend dargelegt.
[134] BGH GRUR 1991, 76 f. – Abschlusserklärung; siehe auch OLG Köln WRP 1998, 791, 793 – regional beschränkte Abschlusserklärung.
[135] KG GRUR 1991, 258 – mündliche Abschlusserklärung.
[136] OLG Köln GRUR 1986, 195 f.; Teplitzky, Kap 20 Rn 15.
[137] Teplitzky, Kap 57 Rn 26b f.

b) Abschlussschreiben

 

Rz. 110

Das Abschlussschreiben enthält die Aufforderung, innerhalb einer angemessenen Frist eine Abschlusserklärung abzugeben. Bei der Fristsetzung ist Folgendes zu berücksichtigen: Der Antragsgegner muss ausreichend Zeit haben, sich selbst darüber schlüssig zu werden, ob er die einstweilige Verfügung als endgültig anerkennen möchte. Zum Teil wird daher – in Anlehnung an Rechtsmittelfristen – eine Überlegungsfrist von mindest...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?