I. Abschlussverfahren
1. Typischer Sachverhalt
Rz. 104
A und B haben sich zu einer Anwaltssozietät S zusammengeschlossen. Sie werben u.a. mit der Bezeichnung "Das Anwaltsinstitut – Ihr Kompetenzzentrum für Wirtschafts- und Steuerberatung". Dagegen wendet sich Anwalt C. Nachdem C die Sozietät S erfolglos abgemahnt hat, erwirkt er eine einstweilige Verfügung. Diese wurde der Sozietät zugestellt. S hat drei Wochen nach Zustellung noch keinen Widerspruch eingelegt.
2. Rechtliche Grundlagen
Rz. 105
Das Abschlussverfahren stellt nicht – anders als sein Name vermuten lässt – die Beendigung des Verfügungsverfahrens dar. Es hat vielmehr die Funktion, die in der einstweiligen Verfügung getroffenen Regelungen bestandskräftig zu machen und ihr damit die gleichen Wirkungen wie einem Hauptsachetitel zukommen zu lassen. Das Abschlussverfahren geht daher dem Hauptsacheverfahren voraus und wird diesem zugeordnet.
Rz. 106
Das Abschlussverfahren besteht denknotwendig aus einer Abschlusserklärung, der häufig ein Abschlussschreiben vorangeht. Mit der Abschlusserklärung erkennt der Verfügungsbeklagte die Verfügung als endgültig an und verzichtet auf seine Rechte aus den §§ 924, 926 und 927 ZPO. Durch diese Erklärung entfällt der vorläufige Charakter der einstweiligen Verfügung. Gleichzeitig erlischt dadurch das Rechtsschutzinteresse des Verfügungsklägers an der Erhebung eines Hauptsacheverfahrens. Aus diesem Grund muss der Verfügungskläger die Gegenseite zunächst mit einem Abschlussschreiben auffordern, die Verfügung als endgültig anzuerkennen. Anderenfalls trifft ihn nach h.M. die Kostenfolge des § 93 ZPO, wenn der Verfügungsbeklagte den Anspruch sofort anerkennt.
Inhalt, Fristen und Kosten des Abschlussverfahrens sind heftig umstritten.
a) Abschlusserklärung
Rz. 107
Hinsichtlich des Inhaltes der eigentlichen Abschlusserklärung besteht mittlerweile nahezu Einigkeit dahin gehend, dass der Erklärende zumindest auf die Rechte aus § 924 ZPO (Widerspruch) sowie § 926 ZPO (Fristsetzung zur Klageerhebung) verzichten muss. Neuerdings wird zunehmend die Auffassung vertreten, dass auch ein Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO (Aufhebung der Verfügung aufgrund veränderter Umstände) ausgesprochen werden muss. Anderenfalls sei nicht gewährleistet, dass alle die Einwendungen abgeschnitten werden, die auch im Falle eines rechtskräftigen Hauptsacheurteils ausgeschlossen seien. Nur wenn dies aber der Fall sei, stelle das Abschlussschreiben eine endgültige und zwischen den Parteien auch materiell-rechtlich verbindliche Regelung hinsichtlich der erwirkten einstweiligen Verfügung dar.
Rz. 108
Die Abschlusserklärung ist im Übrigen bedingungsfeindlich. Die Abgabe einer Abschlusserklärung unter der auflösenden Bedingung des rechtskräftigen Abschlusses eines Parallelverfahrens genügt nach der Rechtsprechung nicht zur endgültigen Anerkennung einer Unterlassungsverfügung.
Rz. 109
Die Abschlusserklärung muss wegen der sich aus ihr ergebenden erheblichen Rechtsfolgen nach der überwiegenden Auffassung schriftlich erfolgen. Die Schriftform empfiehlt sich aus Beweisgründen im Übrigen auch für das Abschlussschreiben (siehe Rdn 110). Anstelle einer Abschlusserklärung hat der Schuldner die Möglichkeit, eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abzugeben. Damit wird zwar nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Hauptsacheklage ausgeschlossen, wohl aber der materiell-rechtliche Anspruch. Da der Gläubiger einen Hauptsacheprozess mangels Wiederholungsgefahr verlieren würde, verhindert somit auch eine Unterwerfungserklärung das Einleiten eines Hauptsacheverfahrens. Dennoch sollte von dieser Lösung nur mit Vorsicht Gebrauch gemacht werden. Bei einer Unterwerfungserklärung haftet der Schuldner auch für Wiederholungshandlungen seiner Gehilfen. Bei Verstößen gegen eine in einer einstweiligen Verfügung ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung kann der Schuldner hingegen nur für eigenes Verschulden zur Verantwortung gezogen werden. Sofern der Schuldner daher die materiell-rechtlichen Wirkungen einer einstweiligen Verfügung gegen sich gelten lassen möchte, empfiehlt sich die Abgabe einer Abschluss- anstelle einer Unterwerfungserklärung.
b) Abschlussschreiben
Rz. 110
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