I. Prozesskostenhilfe (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO)
Rz. 109
Die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe gelten entsprechend (§ 166 VwGO). Danach haben die Beteiligten vor den Verwaltungsgerichten unter denselben Voraussetzungen wie im Zivilprozess Anspruch auf Bewilligung der sog. Prozesskostenhilfe. § 166 VwGO verweist insoweit auf die §§ 114–127 ZPO, daneben auf § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.
Rz. 110
Die Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten dürfen nicht überspannt werden. Es genügt bereits eine sich bei summarischer Überprüfung ergebende Offenheit des Erfolgs. Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Antragsschrift und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit einer Beweisführung überzeugt ist, die das Obsiegen ebenso wahrscheinlich erscheinen lässt wie ein Unterliegen.
Rz. 111
Ist für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzung eine Beweisaufnahme erforderlich, so ist regelmäßig die hinreichende Erfolgsaussicht für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben.
Rz. 112
Die Fachgerichte überschreiten den ihnen bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe zukommenden Entscheidungsspielraum insbesondere dann, wenn sie Prozesskostenhilfe verweigern, obwohl die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Das bedeutet, dass dann, wenn es entscheidungserheblich auf ein beim BVerwG anhängiges Revisionsverfahren ankommt, bei Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe bewilligt wird.
Rz. 113
Kann der Antragsteller mit Blick auf § 67 Abs. 4 VwGO (Vertretung vor OVG durch einen Rechtsanwalt oder eine diesem gleichgestellte und zur Vertretung berechtigte Person) die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss nicht selbst wirksam einlegen, so ist sein gleichwohl eingelegtes Rechtsschutzbegehren bei sachgerechter Auslegung als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen den Beschluss des VG anzusehen.
Rz. 114
Die wirtschaftliche Bedürftigkeit ist über ein Formblatt nachzuweisen, das die Partei zwingend auszufüllen hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 3 und 4 ZPO). Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht (§ 118 Abs. 2 S. 1 ZPO). Geschieht dies nicht binnen einer gerichtlich gesetzten Frist, so lehnt das Gericht den PKH-Antrag bereits aus diesem Grund ab (§ 118 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Rz. 115
Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ordnet das Gericht der Partei auch einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt bei (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 ZPO). Da vor den Verwaltungsgerichten kein Vertretungszwang durch Rechtsanwälte besteht, sollte der Anwalt angesichts der Bedeutung der verkehrsrechtlichen Angelegenheiten – insbesondere wenn es um den Entzug der FE geht, die häufig die wirtschaftliche Existenz betrifft – gegenüber dem Mandanten die Vertretungsbereitschaft bescheinigen.
II. Untersuchungsgrundsatz
Rz. 116
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO), also von sich selbst aus, ohne dass dies im Einzelnen beantragt werden muss. Die Bildung der richterlichen Überzeugung nach § 108 Abs. 1 S. 2 VwGO setzt eine ausreichende Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO voraus. Das bedeutet, dass das Gericht alle vernünftiger Weise zu Gebote stehenden Möglichkeiten einer Aufklärung des für seine Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts ausschöpft, die geeignet sein können, die für die Entscheidung erforderliche Überzeugung des Gerichts zu begründen. Das Gericht ist verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Die gerichtliche Aufklärungsverpflichtung hat aber ihre Grenze in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Den Kläger trifft eine Prozessförderungspflicht, unter Angabe von Einzelheiten lückenlos einen für sein Begehren stimmigen Sachverhalt zu schildern. Bei anwaltlich vertretenen Klägern ist die Mitwirkungspflicht grundsätzlich ausgeprägter als bei nicht anwaltlich Vertretenen. Grundsätzlich hat jeder Prozessbeteiligte den Prozessstoff umfassend vorzutragen, also auch bei der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Dies gilt insbesondere für die "in seine Sphäre fallenden Ereignisse". So ...