Rz. 6

Die Teilung nach § 8 WEG ist die häufigste Art der Begründung von Wohnungseigentum (sog. Vorratsteilung). Die Teilungserklärung (TE) im engeren Sinne, d.h. die sachenrechtliche Zuordnung der Gebäude, Räume und Flächen, bedarf – obwohl die notarielle Beurkundung üblich ist – nur der öffentlichen Beglaubigung (§ 129 BGB). Wegen Gemeinschaftsordnung, Abgeschlossenheitsbescheinigung und Aufteilungsplan gelten die Ausführungen zu § 3 WEG (siehe Rdn 4) entsprechend (vgl. auch § 8 Abs. 2 S. 1 WEG).

 

Rz. 7

Durch die Teilungserklärung (TE) kann der aufteilende Eigentümer die sachenrechtlichen Grundlagen (vgl. Rdn 9) und das schuldrechtliche Gemeinschaftsverhältnis der künftigen Wohnungseigentümer untereinander einseitig gestalten. Ab der rechtlichen Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft gelten diese einseitig getroffenen Bestimmungen als Gemeinschaftsrecht. Die rechtliche Entstehung einer Wohnungseigentümergemeinschaft in sachenrechtlicher Hinsicht setzte bis 30.11.2020 nach h.M.[12] die Eintragung eines weiteren Eigentümers (Erwerbers) neben dem aufteilenden Eigentümer als Eigentümer im Grundbuch voraus. Bei der Vorratsteilung nach § 8 WEG vergingen bis zu diesem Zeitpunkt teils Jahre, z.B. wegen Baumängelstreitigkeiten mit dem Bauträger. Da das Sondereigentum schon vorher an Erwerber übergeben wird, bestand während des Übergangsstadiums ein Bedürfnis, die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes bereits früher anzuwenden. Da das WEG a.F. für die Gründungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft keine Regelungen bereithielt, hat die Rechtsprechung die Grundsätze der sog. werdenden (faktischen) Wohnungseigentümergemeinschaft entwickelt.[13] Diese Rechtskonstruktion kam nach h.M. nur[14] bei der Vorratsteilung nach § 8 WEG zur Anwendung, nicht in den Fällen des § 3 WEG.

Nach § 9a Abs. 1 S. 2 und 3 WEG n.F. entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher; dies gilt auch im Fall des § 8 WEG. Sie führt die Bezeichnung "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" oder "Wohnungseigentümergemeinschaft" gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks. Der Konstruktion einer werdenden Gemeinschaft bedarf es jetzt nicht mehr. Es gibt die sog. Ein-Personen-Gemeinschaft (Aufteiler/Bauträger).

Den werdenden Eigentümer gibt es aber weiterhin. Er wird in § 8 Abs. 3 WEG n.F. definiert: Wer einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist, gilt gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern anstelle des teilenden Eigentümers als Wohnungseigentümer, sobald ihm der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.

Dies deckt sich weitgehend mit den früheren Entstehungsvoraussetzungen für die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft.[15] Die Besitzübergabe an der Sondereigentumseinheit erfolgt jetzt immer nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft.[16] Mit dem Eintritt dieser Voraussetzungen in seiner Person hat ein Erwerber eine gesicherte Erwerbsposition (Anwartschaftsrecht), die eine vorverlagerte Anwendung einzelner Bestimmungen des WEG rechtfertigt. Im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer können bereits ab Entstehung der Ein-Personen-Gemeinschaft insbesondere Wohnungseigentümerversammlungen (§ 23 WEG) abgehalten, Beschlüsse z.B. über den Gebrauch (§ 15 WEG a.F.; vgl. §§ 10 Abs. 1 S. 2, 18 Abs. 2, 19 Abs. 1 WEG n.F.), die Verwalterbestellung (§ 26 WEG), die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan (§ 28 WEG) und über bauliche Veränderungen (§ 22 WEG a.F.; vgl. § 20 WEG n.F.) gefasst und Zivilverfahren nach § 43 WEG geführt werden.

 

Rz. 8

Der werdende Eigentümer (§ 8 Abs. 3 WEG n.F.) hat ein originäres Stimmrecht. Dieses verlor er auch nach altem Recht nicht ab der rechtlichen Invollzugsetzung der Gemeinschaft durch die früher erforderliche Eintragung eines anderen Erwerbers ins Grundbuch.[17] Denn die Rechtsposition der zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen faktischen Erwerber wird diesen hierdurch nicht entzogen. Erwerber, die vom werdenden Eigentümer ihre Rechte ableiten, sind nur sog. Zweiterwerber ohne die Privilegien der eingetragenen und faktischen Eigentümer.[18]

[12] Nach a.A. entsteht Wohnungseigentum bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher (§ 8 Abs. 2 S. 2 WEG), W. Schneider, ZWE 2010, 449; J.-H. Schmidt, PiG 93 (2012), S. 107, 111.
[14] Heismann, ZMR 2004, 10 ff.
[15] Nach BGH 11.5.2012 – V ZR 196/11, ZMR 2012, 711 nicht notwendig im Wohnungsgrundbuch. Im noch ungeteilten Grundbuch genügt.
[16] Vgl. BGH 11.5.2012 – V ZR 196/11, ZMR 2012, 711; Riecke/Schmid/Riecke, WEG, 4. Aufl., § 25 Rn 5 f.
[17] BGH 5.6.2008 – V ZB 85/02, ZMR 2008, 805; BayObLG WE 1998, 157 m. Anm. Merle, ZMR 1998, 101; vgl. auch Deckert, ZMR 2005, 335, Riecke/Schmid/Riecke, WEG, § 25 Rn 5 f.
[18] OLG...

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