Dr. Olaf Riecke, Jan-Hendrik Schmidt
Rz. 15
Rechtlich ist eine Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum (bis es kein Sondereigentum mehr gibt) jederzeit möglich, nicht aber umgekehrt in jedem Fall eine Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum (da bestimmte Teile zwingend Gemeinschaftseigentum sind, siehe Rdn 14). Die letztgenannte Umwandlung setzt aber die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung und Eintragung ins Grundbuch voraus (§ 4 Abs. 1, 2 WEG, § 925 BGB). Eine Vereinbarung i.S.d. § 10 Abs. 1 bis 3 WEG genügt nicht. Soll also etwa ein nachträglich zu Wohnzwecken ausgebauter, im Gemeinschaftseigentum befindlicher Dachboden Sondereigentum des Ausbauenden werden und verweigern einige Miteigentümer ihre Mitwirkung, müssen sie notfalls gerichtlich in Anspruch genommen werden, wobei in einem solchen Fall der schuldrechtliche Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung im weiteren Sinne) nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG a.F. = § 10 Abs. 2 WEG n.F. auf die Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen (Teilungserklärung im engeren Sinne) nicht analog anwendbar und bei gerichtlicher Durchsetzung nach h.M. bisher das allgemeine Prozessgericht und nicht das Wohnungseigentumsgericht zuständig ist. Nunmehr fällt auch ein Streit über sachenrechtliche Grundlagen unter § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F.
Rz. 16
Die Umwidmung von Teileigentum in Wohnungseigentum oder auch die Freigabe von unselbstständigen Nebenräumen eines Wohnungseigentums als künftiger Wohnraum setzt wohnungseigentumsrechtlich – vorbehaltlich einer in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Öffnungsklausel, die also einen (qualifizierten) Beschluss genügen ließe – eine Vereinbarung voraus, wenn – wie in der Praxis der Regelfall – eine zugrunde liegende Zweckbestimmung geändert wird (vgl. § 10 Abs. 2 WEG a.F. = § 10 Abs. 1 WEG n.F.). Um eine Änderung des sachenrechtlichen Grundverhältnisses handelt es sich nicht, weil eine Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum unterbleibt. Teileigentum und Wohnungseigentum sind Sondereigentum. Grundbuchrechtlich ist aber auch hier die Mitwirkung aller Eigentümer erforderlich, da es sich um eine Inhaltsänderung des Sondereigentums handelt. Der Anspruch auf Mitwirkung sich weigernder Eigentümer an der Änderung der Zweckbestimmung (Gemeinschaftsordnung) und deren grundbuchrechtlichen Vollziehung zur zweifelsfreien Bindung von Sondernachfolgern ist vor dem Zivilgericht (Abteilung für Wohnungseigentumssachen) anhängig zu machen. Materiellrechtlich sind solche Ansprüche erfahrungsgemäß schwer zu begründen. Dennoch ist insbesondere der nachträgliche Dachausbau zu Wohnzwecken ein Bereich, in dem außer über den Anspruch des Ausbauberechtigten ebenso häufig über Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche der anderen Wohnungseigentümer gestritten wird. Ist die Umwandlung in der Gemeinschaftsordnung vorbehalten, sind die anderen Eigentümer bereits hierdurch zur erforderlichen Mitwirkung verpflichtet. Gegenstand und Umfang des Ausbaurechts müssen klar und eindeutig vereinbart sein, unklare oder ungeregelte Fragen sind ggf. einer ergänzenden Vereinbarung oder Beschlussfassung zugänglich. Die Zulässigkeit einer Nutzung zu Wohnzwecken kann auch im Wege der Feststellungsklage geklärt werden. Eine im Gegensatz zur Feststellungsklage vollstreckbare Leistungsklage kommt in Betracht, wenn es um die Duldung des Einbaus von zu Wohnzwecken dienenden Einrichtungen (WC, Dusche, Steigleitungen etc.) geht oder die Zustimmung zu solchen Einbauten. Im Folgenden werden daher einige Musteranträge im Sachzusammenhang mit Dachgeschossausbauten dargestellt.