Dr. Olaf Riecke, Jan-Hendrik Schmidt
Rz. 33
Als wichtigste Vorbereitungshandlung ist die Aufstellung der Tagesordnung (TO) anzusehen, die mit der Einladung zu verschicken ist (vgl. § 23 Abs. 2 WEG). § 23 Abs. 2 WEG bezweckt, jedem Eigentümer eine ausreichende Vorbereitung auf die Versammlung zu ermöglichen, insbesondere soll er vor überraschenden Themen und Beschlussfassungen geschützt werden. Bei Standardbeschlüssen, sonstigen einfachen Angelegenheiten oder auf früheren Versammlungen bereits erörterten "Dauerbrennern" werden das Informationsbedürfnis und die Verständnisprobleme als gering anzusetzen sein. Dann genügt auch die nur schlagwortartige Bezeichnung des auf der Versammlung anstehenden TOP, aus dem der Eigentümer alles Notwendige entnehmen kann. Bei komplexen und schwierigen Gegenständen, etwa Großsanierungsmaßnahmen, ist der Informationsbedarf ungleich größer und eine detailliertere Beschreibung des Beschlussgegenstandes erforderlich.
Rz. 34
Der Inhalt der TO wird nach pflichtgemäßem Ermessen festgelegt durch den einberufenden Verwalter als Organ des Verbandes. Daher richtet sich der Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers, bestimmte Punkte auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu setzen, regelmäßig gegen den Verband (früher gegen den Verwalter). Der Anspruch besteht unabhängig vom Stimmenquorum des § 24 Abs. 2 WEG (siehe Rdn 27) dann, wenn die Befassung mit dem Punkt ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Verletzt der Verwalter als Organ des Verbandes den Anspruch auf Aufnahme eines TOP in zu vertretender Weise, kann sich ein Schadensersatzanspruch des Miteigentümers gegen den Verband auf Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung letztlich durch den Verwalter als dessen Organ und im Regresswege auf des Verwalters Kosten ergeben. Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Aufnahme des TOP objektiv erforderlich und sachlich geboten erscheint. Dies kann zweifelhaft sein, wenn z.B. ein Zitterbeschluss gefasst werden soll. Besser sind die Aussichten jedenfalls dann, wenn der einzelne Wohnungseigentümer Mitstreiter für ein Minderheitenquorum analog § 24 Abs. 2 Fall 2 WEG findet. Mit ähnlicher Begründung kann, wenn sich der Verwalter zur Aufnahme des TOP pflichtwidrig weigert, analog § 24 Abs. 3 WEG der Verwaltungsbeiratsvorsitzende die TO ggf. ergänzen.
Gibt es keinen Verwaltungsbeirat oder weigert auch dieser sich pflichtwidrig, kann der Verband vertreten durch den Verwalter gerichtlich verpflichtet werden, den begehrten TOP auf die TO der nächsten Versammlung zu setzen. Bei dringendem Bedürfnis für ein sofortiges Einschreiten ist insoweit auch eine einstweilige Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) möglich. Die h.M. sieht hierin keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache, was sich damit begründen lässt, dass es dem die Aufnahme begehrenden Eigentümer letztlich um das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft geht und die Aufnahme des Beschlussgegenstandes notwendige formelle Voraussetzung für die Gültigkeit des Beschlusses ist (§ 23 Abs. 2 WEG). Die Beschlussfassung wird nicht vorweggenommen. Die Verpflichtung kann nach § 887 ZPO vollstreckt werden. Nur nach altem Recht konnte sich ein einzelner Wohnungseigentümer oder eine den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Fall 2 WEG genügende qualifizierte Minderheit gerichtlich zur Ergänzung einer vom Verwalter versandten oder zu versendenden Einladung gerichtlich ermächtigen lassen.