Dr. Olaf Riecke, Jan-Hendrik Schmidt
Rz. 38
Die §§ 18, 19 Abs. 2 Nr. 6, 23, 26, 26a, 29 WEG n.F. (vgl. § 20 Abs. 1 WEG a.F.) sehen drei Verwaltungsorgane vor. Höchstes Organ ist die bereits näher behandelte (siehe Rdn 24 ff.) Wohnungseigentümerversammlung bzw. genauer – da Eigentümerbeschlüsse nicht notwendig eine Versammlung voraussetzen (siehe § 23 Abs. 3 WEG) – die Gesamtheit aller Wohnungseigentümer. Sie ist uneingeschränktes und originäres Willensbildungsorgan und bei jeder Gemeinschaft schon ipso iure vorhanden. Oftmals in einem Atemzug genannt und als gleichermaßen unabdingbares notwendiges Organ einer jeden Wohnungseigentümergemeinschaft bezeichnet wird der in § 26a Abs. 1 WEG n.F. ebenfalls ausdrücklich erwähnte zertifizierte Verwalter mit den sich für ihn aus den §§ 26–28 WEG ergebenden Aufgaben und Befugnissen. Er ist das unabdingbare Vollzugsorgan des Verbandes. Obwohl die meisten Gemeinschaften einen Verwalter bestellen und vor allem größere Gemeinschaften ohne Verwalter praktisch handlungsunfähig wären, besteht kein Zwang zur Besetzung des (abstrakten) Verwalteramtes mit einem konkreten Amtsträger. Die WEG ist somit ein rechtsfähiger Verband ohne Organbesetzungszwang. Es kann lediglich die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden (vgl. § 20 Abs. 2 WEG a.F.; § 26 Abs. 1 und 5 WEG n.F.). Solange Einigkeit über die Nichtbestellung besteht, muss folglich kein Verwalter vorhanden sein. Vor allem kleine und Kleinstgemeinschaften sind häufig von Beginn an verwalterlos. Die Rechtslage unterscheidet sich insofern von derjenigen beim eingetragenen Verein und anderen körperschaftlich verfassten Personenvereinigungen (GmbH, AG, e.G.), deren vergleichbare Organe schon deshalb besetzt werden müssen, weil der Verband sonst von Rechts wegen gar nicht wirksam entstehen kann. Der Verband "Wohnungseigentümergemeinschaft" (vgl. § 10 Abs. 6 WEG a.F.; §§ 9a, 9b WEG n.F.) wird bei Fehlen oder Verhinderung eines Verwalters von allen Wohnungseigentümern vertreten (§ 27 Abs. 3 S. 2 WEG a.F. = § 9b Abs. 1 S. 2 WEG n.F.).
Rz. 39
Umstritten ist, ob eine Vereinbarung, wie sie im Ausgangsbeispiel in der TE/GO enthalten ist (vorübergehender Ausschluss der Verwalterbestellung), nach § 134 BGB i.V.m. § 20 Abs. 2 WEG a.F. (vgl. § 26 Abs. 5 WEG n.F.) unwirksam ist. Nach h.M. ist dies der Fall. Der besonderen Wichtigkeit der Verwalterbestellung wegen soll nicht nur ihr genereller, sondern auch der vorübergehende Ausschluss verboten sein.
Rz. 40
Jeder Wohnungseigentümer hat jederzeit einen Anspruch auf Einsetzung eines Verwalters aus § 21 Abs. 4 WEG a.F. bzw. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F.. Wirken die anderen Miteigentümer an der Bestellung nicht mit, indem sie der Bestellung eines vorgeschlagenen Kandidaten nicht zustimmen, kann jeder Wohnungseigentümer die Bestellung gerichtlich durchsetzen. Er konnte die sich Weigernden im Hauptsacheverfahren gem. §§ 43 Nr. 2, 21 Abs. 4 oder 8 WEG a.F. in Anspruch nehmen oder – bei Dringlichkeit (siehe Rdn 42) – einen "Notverwalter" gem. §§ 43 Nr. 2, 21 Abs. 4 und 8 WEG a.F. durch das Gericht bestellen lassen. Der Anspruch gem. §§ 43 Nr. 2, 21 Abs. 4 und 8 WEG war nicht darauf beschränkt, die übrigen Wohnungseigentümer lediglich zur Mitwirkung bei der Bestellung des gewünschten und geeigneten Verwalters zu verpflichten, vielmehr konnte das Gericht durch ein ihm eröffnetes Gestaltungsermessen (vgl. § 21 Abs. 8 WEG a.F.; § 44 Abs. 1 S. 2 WEG n.F.) – insbesondere, wenn tief greifende Meinungsverschiedenheiten bestehen oder eine Gruppe die andere majorisiert oder einfach nur blockiert – auch unmittelbar einen Verwalter bestellen. Der Kläger kann seinen Wunschverwalter benennen und ggf. ein eingeholtes Angebot vorlegen sowie ein Vergleichsangebot einholen, ohne das Gericht in dessen Ermessensausübung (§ 21 Abs. 8 WEG a.F.; § 44 Abs. 1 S. 2 WEG n.F.) allerdings binden zu können. Zur Schlüssigkeit des Antrags muss der Kläger die Bereitschaft der Amtsübernahme durch den von ihm benannten Verwalter vortragen. Stützt sich die Bestellung durch das Gericht auf § 21 Abs. 4 und 8 WEG a.F., so ist der Verwalter nach § 26 Abs. 1 WEG bestellt, denn der Richterspruch ersetzt dann den (Mehrheits-)Beschluss der Wohnungseigentümer. Demgemäß besteht hier auch keine zwingende Notwendigkeit für eine Befristung der Amtszeit im Gerichtsbeschluss, da sie wie gewöhnlich durch Abberufung bzw. spätestens nach Ablauf von fünf Jahren (§ 26 Abs. 2 WEG) endet. Da im Ausgangsbeispiel Gründe für einen dringenden Fall, etwa ein akuter Finanzengpass oder Sanierungsbedarf, nicht ersichtlich sind, bleibt nur der Weg über § 21 Abs. 4 und 8 WEG a.F. = §§ 18 Abs. 2, 44 Abs. 1 S. 2 WEG n.F. in einem Hauptsacheverfahren. Ein Eilverfahren (siehe Rdn 42) würde wegen fehlender Eilbedürftigkeit geringe Erfolgsaussichten haben. Gibt es keinen Verwalter oder will der einzelne Wohnungseigentümer den amtierenden Verwalter fristlos abberufen, muss er grundsätzlich die Einberufung der Eigentümerversammlung fordern (Vorbefassungsgrundsatz), es sei denn,...