I. Kein Ermessen
Rz. 57
Steht die Ungeeignetheit des Täters fest, muss der Richter – ohne einen Ermessensspielraum zu haben – die Fahrerlaubnis entziehen (BGHSt 6, 183).
Rz. 58
Sie muss im Ganzen entzogen werden. Eine Beschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten oder Führerscheinklassen ist – im Gegensatz zu § 69a Abs. 2 StGB oder § 111a StPO – ebenso unzulässig (BGH NStZ 1983, 168) wie die isolierte Entziehung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (BGH VRS 40, 263).
Rz. 59
Allerdings kann das Urteil der Fahrerlaubnisbehörde erlauben, eine Fahrerlaubnis für eine bestimmte Führerscheinklasse sofort zu erteilen (siehe § 59 Rdn 6 ff.).
II. Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis
1. Fahrerlaubnis aus einem Land außerhalb der EU
Rz. 60
Die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis ist in § 69b StGB geregelt. Danach darf eine ausländische Fahrerlaubnis (mit Ausnahme des EU-Führerscheins eines im Inland ansässigen Betroffenen, siehe hierzu Rdn 62) nicht eingezogen, sondern nur zur Anbringung eines Vermerkes beschlagnahmt werden (BGH zfs 1993, 402).
Das Ablösen des behördlich angebrachten Aufklebers ist als Verändern eines behördlichen Ausweises gem. § 273 Abs. 1 Nr. 1 StGB und nicht als Urkundenfälschung strafbar (OLG Koblenz NZV 2009, 610).
Rz. 61
Achtung
Anders ist dies dann zu handhaben, wenn der Betroffene eine ausländische Fahrerlaubnis besitzt, mit der er ohnehin nicht am innerdeutschen Verkehr teilnehmen durfte. Dann ist auch die ausländische Fahrerlaubnis zu entziehen (BGH NZV 1999, 47).
2. EU-Führerscheine
Rz. 62
Zeitgleich mit dem Straßenverkehrsgesetz wurde auch der § 69b StGB geändert. Danach wird die in einem Mitgliedsstaat der EU oder einem EWR-Vertragsstaat ausgestellte Fahrerlaubnis eines Betroffenen, der seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat, jetzt von dem zuständigen deutschen Gericht eingezogen und an die ausstellende Behörde zurückgesandt.
Rz. 63
Hat der Betroffene dagegen keinen inländischen Wohnsitz, werden – wie bisher – die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre im ausländischen Führerschein vermerkt.
Rz. 64
In allen Fällen hat die Entziehung nur die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
III. Beurteilungszeitraum
Rz. 65
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage der Fahrerlaubnisentziehung ist der Zeitpunkt der Urteilsfindung (BGH VRS 82, 19; BGH NStZ 2004, 147). Die Entziehung setzt die dann immer noch fortdauernde Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen voraus. Bei der Entscheidung müssen deshalb die nach der Tat eingetretenen Umstände berücksichtigt werden (BGHSt 7, 165), so vor allem eine längere vorläufige Entziehungszeit (hier z.B. acht Monate) und Reue des Täters (LG Stade zfs 2005, 99).
Rz. 66
Achtung: Keine Mindestsperrfristen
Hält das Gericht den Täter nicht mehr für ungeeignet, darf es die Fahrerlaubnis auch dann nicht entziehen, wenn die Mindestsperrfristen des § 69a Abs. 1, 3, 4 StGB noch nicht abgelaufen sind. Mindestsperrfristen sind nur zu beachten, wenn die Ungeeignetheit im Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch andauert (BayObLG NJW 1971, 206; LG Düsseldorf DAR 2008, 597).
Rz. 67
Achtung: Keine Umgehung der Mindestfrist durch Fahrverbot
Hält der Richter den Angeklagten noch nicht für geeignet und reicht ihm deshalb die bis zur Hauptverhandlung vergangene Dauer der vorläufigen Entziehung nicht aus, muss er eine Mindestsperre von drei Monaten aussprechen. Dies gilt auch dann, wenn er den Eignungsmangel schon vor Ablauf von weiteren drei Monaten als beseitigt ansieht. Die gesetzliche Regelung ist nämlich zwingend und kann auch nicht mit einem Fahrverbot umgangen werden (zumal es zwingend auf die Zeit der vorläufigen Entziehung angerechnet werden müsste).
IV. Verfahrensrecht
Rz. 68
Auf die mögliche Entziehung der Fahrerlaubnis muss der Angeklagte gem. § 265 StPO in der Anklageschrift, dem Eröffnungsbeschluss oder ggf. in der Hauptverhandlung hingewiesen werden (BGH zfs 1993, 355), auch wenn zuvor ein Fahrverbot vorgesehen war (BayObLG NZV 2005, 492).