Dr. iur. Andrea Wassermeyer, Nicolai Lasaroff
Rz. 37
Nach Anhängigkeit des Verfahrens lösen Besprechungen unstreitig die Terminsgebühr aus:
Der Beklagtenvertreter kündigt telefonisch ggü. dem Klägervertreter die Zahlung der Klageforderung/die Rücknahme der Kündigung an und bittet um Rücknahme der Klage. Die Terminsgebühr ist für beide Anwälte angefallen (OLG Koblenz v. 3.5.2005, NJW-RR 2005, 1592 = RVGreport 2005, 270).
Eine Terminsgebühr fällt an, wenn der Gegner eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Erklärung zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt (BGH v. 20.11.2006, NJW-RR 2007, 286).
Der Beklagtenvertreter regt telefonisch beim Klägervertreter eine Klagerücknahme an. Dieser reagiert mit dem Hinweis, er werde die Angelegenheit mit seinem Auftraggeber besprechen. Auch hier wird eine Terminsgebühr unabhängig davon ausgelöst, ob der Anruf tatsächlich für die spätere Klagerücknahme ursächlich war (OLG Koblenz v. 29.4.2005, NJW 2005, 2162 = RVGreport 2005, 269).
Ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft einer außergerichtlichen Erledigung löst noch keine Terminsgebühr aus (OLG Hamburg v. 12.6.2016 – 8 W 60/16).
Rz. 38
Eine Partei hat Anspruch auf Festsetzung der Terminsgebühr, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes zwischen den Parteien unstreitig sind (BGH v. 9.5.2017 – VIII ZB 55/16, NJW-RR 2017, 1148, BGH v. 20.11.2006, MDR 2007, 557). Eine Terminsgebühr fällt indes nicht an bei bloßer Übermittlung einer erfolgten Einigung. Beide Gesprächsteilnehmer müssen sich an der außergerichtlichen Erledigung interessiert zeigen. Das Erledigungsinteresse nur eines Gesprächsteilnehmers ist nicht ausreichend (LAG Köln v. 28.2.2017 – 12 Ta 314/16). Demgemäß lohnt es sich, darauf zu achten, dass die Terminsgebühr auch vor Anhängigkeit des Verfahrens entstehen kann. Verhandelt der Anwalt nur außergerichtlich und hat er aber bereits einen unbedingten Auftrag zur Klage erhalten, kann eine Terminsgebühr auch für die außergerichtliche Verhandlung anfallen.
Rz. 39
Der häufigste Fall dürfte der sein, dass die Prozessbevollmächtigten nach einem Telefonat Schriftwechsel führen, welcher zu einem Vergleichsabschluss führt. Beide Bevollmächtigte erhalten dann die Terminsgebühr (AG Schleiden v. 31.5.2005, NJW-RR 2005, 1232 = RVGreport 2006, 31).
Beispiel (nach BGH v. 8.2.2007, RVGreport 2007, 143):
Der Beklagte beauftragte die klagenden Rechtsanwälte, einen Anspruch gegen seine damalige Arbeitgeberin auf Zahlung einer Tantieme geltend zu machen. Als ein erstes Schreiben der Kläger unbeantwortet blieb, erteilte er den Klageauftrag. Nach zwei Gesprächen zwischen den Klägern und der Arbeitgeberin kam es zum Abschluss einer Vereinbarung, in der auch der Anspruch auf Zahlung der Tantieme geregelt wurde. Eine Klage wurde nicht eingereicht.
Eine Terminsgebühr entsteht auch bei außergerichtlichen Verhandlungen, wenn die Gegenseite ihrem Rechtsanwalt Prozessauftrag erteilt hat und die Besprechung der Anspruchsabwehr dient (OLG Koblenz v. 8.10.2009 – 2 U 963/08). Da die Rechtshängigkeit eines Anspruchs nicht Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr ist, sondern der Prozessauftrag, muss auch der Auftrag zur Abwehr der Ansprüche eine Terminsgebühr auslösen.
Findet keine Besprechung statt, sondern nur der Austausch von E-Mails, entsteht keine Terminsgebühr (BGH v. 21.10.2009 – IV ZB 27/09). Demnach muss eine mündliche oder fernmündliche Besprechung stattgefunden haben.
Eine Terminsgebühr entsteht nicht aufgrund einer Besprechung des Anwalts mit dem Gericht, wenn die Gegenseite an der Besprechung nicht beteiligt ist (LAG Berlin-Brandenburg v. 10.8.2011 – 17 Ta (Kost) 6068/11; LAG Schleswig-Holstein v. 9.11.2018 – 5 Ta 113/18).
Die Behandlung von Streitgegenständen in gerichtlichen oder außergerichtlichen Terminen eines Rechtsstreits, in dem sie nicht anhängig sind, führt nicht nach Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG zu einer eigenen Terminsgebühr in dem Verfahren, in dem sie (die einbezogenen Streitgegenstände) anhängig sind (BAG v. 17.2.2014 – 10 AZB 81/13).
Wird nach Einreichung der Kündigungsschutzklage, jedoch vor der Güteverhandlung, ein schriftlicher Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO durch gerichtlichen Beschluss festgestellt, fällt gleichfalls eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG an. Denn die Terminsgebühr entsteht, wenn in einem Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.
Damit ist im gerichtlichen Verfahren unerheblich, ob der Vergleich in der mündlichen Verhandlung protokolliert wird oder schriftlich nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wird; die Terminsgebühr gem. § 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG entsteht in jedem Fall.
Rz. 40
Dies hat das BAG in einer Entscheidung (BAG v. 20.6.2006, EzA § 2 RVG Anlage 1, Terminsgebühr Nr. 1) wie folgt (sinngemäß) begründet:
Zitat
"Ein Gerichtstermin hat im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht nicht stattgefunden. Ob der Beschwerdeführer im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG an Besprechungen mitgewirkt hat, die ni...