Rz. 264
Gem. § 542 ZPO findet gegen in der Berufungsinstanz erlassene Endurteile, soweit es sich nicht um Urteile im einstweiligen Rechtsschutz handelt, die Revision statt. Gem. § 543 ZPO findet die Revision nur statt, wenn sie das Berufungsgericht in dem Urteil oder das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung zugelassen hat. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert. Die früher bestehende Möglichkeit der Streitwertrevision ist entfallen.
Durch die Neuordnung des Revisionsrechtes haben auch die in dem neu gefassten § 543 Abs. 1 ZPO aufgeführten Zulassungsgründe einen Bedeutungswandel erfahren. Nach früherer höchstrichterlicher Rechtsprechung hatte eine Rechtssache nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn eine klärungsbedürftige, regelmäßig bisher noch nicht entschiedene Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung entscheidungserheblich ist.
Nach den vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum Entwurf des ZPO-Reformgesetzes niedergelegten Erwägungen sind unter dem Revisionsgrund der "grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache" nunmehr auch Revisionen zuzulassen, denen eine Grundsatzbedeutung im herkömmlichen Sinne nicht zukommt, die aber eine Leitentscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfordern. Gleiches gilt für Revisionen, die zwar eine Leitentscheidung nicht erfordern, gleichwohl aber eine Ergebniskorrektur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit oder wegen Verletzung eines Verfahrensgrundrechtes geboten erscheinen lassen. Mit der Grundsatzrevision sollen demnach auch dem Berufungsurteil anhaftende Fehler bei der Auslegung des revisiblen Rechts beseitigt werden können, wenn diese von erheblichem Gewicht und geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Hierunter fallen jedenfalls auch evidente Verletzungen des revisiblen Rechts.
Die Zulassungsgründe "Fortbildung des Rechts" und "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" stellen Konkretisierungen des Zulassungsgrundes der "grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache" dar, ohne ihn hierauf zu beschränken. Hiernach ist die Revision zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Revision zuzulassen, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat. Diese Voraussetzungen sind nicht schon dann gegeben, wenn ein Gericht im Einzelfalle eine Fehlentscheidung getroffen hat, wohl aber, wenn es von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht, diese also nicht berücksichtigt und die Gefahr der Wiederholung besteht.
Der BGH hat in verschiedenen Entscheidungen zu den Zulassungsgründen einer Revision bzw. den gleich lautenden Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde Stellung genommen:
Danach hat eine Sache grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wenn sie eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer Vielzahl von Fällen stellen kann.
Zur Rechtsfortbildung i.S.d. § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO ist eine höchstrichterliche Entscheidung nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechtes aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) ist eine Entscheidung zunächst in den Fällen einer Divergenz geboten. Dieser Zulassungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn das Berufungsgericht von einer höherrangigen Entscheidung, namentlich des BGH, abweicht. Eine Abweichung liegt aber nur dann vor, wenn das Berufungsgericht ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der sich nicht mit dem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten Rechtssatz deckt. Um die Divergenz ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die Vorentscheidung, zu der Divergenz geltend gemacht wird, konkret anzugeben und zu zitieren, die angeblich divergierenden entscheidungserheblichen Rechtssätze aus dieser Vorentscheidung herauszustellen sowie vorzutragen, inwiefern diese nicht übereinstimmen.
Eine Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren, z.B. durch Fehler von symptomatischer Bedeutung, die die Gefahr der Wiederholung durch das selbe Gericht oder der Nachahmung durch andere Gerichte...