I. Rechtliche Grundlagen
Rz. 65
Gem. § 688 ZPO ist für Ansprüche, die auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme in EUR gehen, das Mahnverfahren zulässig, soweit nicht eine der Ausnahmen des § 688 Abs. 2 und 3 ZPO eingreift. Das Mahnverfahren empfiehlt sich für die gerichtliche Geltendmachung von Zahlungsansprüchen, die voraussichtlich nicht bestritten werden. Der Vorteil des Mahnverfahrens ist, dass es auf einfache Weise zu einem Titel führt und billiger ist als das Klageverfahren, da nur eine halbe Gerichtsgebühr erhoben wird.
Rz. 66
Für das Mahnverfahren ist, unabhängig vom Streitwert, das Amtsgericht – bzw. in Fällen, in denen die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit besteht, das Arbeitsgericht – zuständig. Die ausschließliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen inländischen Gerichtsstand des Antragstellers. Soweit der Antragsteller im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg (ab 12.12.2008 das Amtsgericht Berlin-Wedding) ausschließlich zuständig. Gem. § 689 Abs. 3 ZPO haben die jeweiligen Landesregierungen die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung Mahnverfahren für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte einem Amtsgericht zuzuweisen, wenn dies einer schnelleren und rationelleren Erledigung dient.
Rz. 67
Durch das 2. JustizmodernisierungsG besteht für Rechtsanwälte und die Inkassodienststelle ab dem 1.12.2008 die Pflicht den Antrag auf Mahnbescheid nur noch in maschinell-lesbarer Form einzureichen. Ein gleichwohl auf dem Formular eingereichter Antrag wäre zurückzuweisen.
Rz. 68
Mahnbescheidsanträge können daher ab diesem Zeitpunkt von Anwälten oder Inkassodienstleistern wie folgt eingereicht werden:
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als Barcode-Antrag |
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als online-Antrag mittels Signatur-Karte mit qualifizierter Signatur |
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im Wege des elektronischen Datenträger-Austausches per EGVP |
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im Wege des elektronischen Datenaustausches per Diskette. |
Rz. 69
Für Folgeanträge, wie Neuzustellungsanträge, Widersprüche oder Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides gilt die Nutzungsverpflichtung nicht. Hier müssen weiterhin die amtlichen Vordrucke benutzt werden, soweit diese verbindlich eingeführt worden sind. Die Benutzung der amtlichen Vordrucke ist vorgeschrieben. Es bestehen unterschiedliche Vordrucke für die maschinelle und die nichtmaschinelle Durchführung der Mahnverfahren sowie für Mahnbescheide der Arbeitsgerichtsbarkeit. Für die Ausfüllung des Mahnantrags sei auf die amtlichen Vordrucke und die entsprechenden Ausfüllhinweise verwiesen.
Rz. 70
Die Zustellung des Mahnbescheides ist fristwahrend und hemmt die Verjährung, § 204 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Gem. § 167 ZPO tritt diese Wirkung bereits mit Einreichung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheides ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Auf den Mahnantrag ergeht der Mahnbescheid, der dem Antragsgegner zugestellt wird. Nach Zustellung des Mahnbescheides hat der Antragsgegner binnen zwei Wochen die Möglichkeit, schriftlich Widerspruch zu erheben, §§ 692 Abs. 1 Nr. 4, 694 ZPO. Widerspruch gegen einen Teil des Anspruchs ist möglich. Voraussetzung ist die Teilbarkeit des Anspruchs. Bezüglich des verbleibenden Rests ergeht Vollstreckungsbescheid. Wenn rechtzeitig Widerspruch erhoben wurde und die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt wird, verweist das Mahngericht den Rechtsstreit an das im Mahnbescheid angegebene Gericht, §§ 696 Abs. 1, 692 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Parteien können übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, § 696 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO. Bei Abgabe an das Streitgericht ist der geltend gemachte Anspruch binnen zwei Wochen in einer der Klageschrift entsprechenden Form zu begründen. Nach Eingang der Anspruchsbegründung ist wie bei einer Klage weiter zu verfahren. Soweit eine Anspruchsbegründung nicht rechtzeitig eingeht, hat dies lediglich die Folge, dass bis zu ihrem Eingang Termin zur mündlichen Verhandlung nur auf Antrag des Antragsgegners bestimmt wird, § 697 Abs. 3 S. 1 ZPO.
Rz. 71
Soweit der Antragsgegner nicht rechtzeitig Widerspruch einlegt, erlässt das Mahngericht auf Antrag einen Vollstreckungsbescheid. Dieser steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten 1. Versäumnisurteil gleich, §§ 694 Abs. 2, 699, 700 Abs. 1 ZPO. Für den Antragsgegner besteht die Möglichkeit, binnen einer Notfrist von zwei Wochen (Arbeitsgericht: eine Woche) gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch einzulegen. Für die Einlegung des Einspruchs gelten die Formvorschriften des § 340 Abs. 1 und 2 ZPO (siehe auch Rdn 172). Soweit Einspruch eingelegt wurde, gibt das Mahngericht den Rechtsstreit an das im Mahnbescheid bezeichnete Gericht ab, wenn die Parteien nicht übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, § 700 Abs. 3 ZPO. Bei Säumnis des Beklagten im Einspruchstermin kann das Gericht bei unzulässigem Einspruch einen Verhandlungstermin bestimmen. Ist der Einspruch zulässig, muss dies geschehen, vgl. §§ 700 Abs. 1, 341a ZPO. Ein unzulässiger Einspruch wird sodann durch streitiges Endurteil verworfen, § 34...