1. Rechtliche Grundlagen
Rz. 254
Gem. § 511 ZPO findet die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. Endurteile sind sämtliche Urteile, durch die der Prozess für die Instanz entschieden ist. Hierzu gehören auch Anerkenntnis-, Verzichts-, Vorbehalts-, Teil- und Ergänzungsurteile sowie Urteile im Eilverfahren. Zwischenurteile sind mit der Berufung nur angreifbar, soweit es sich um Zwischenurteile über den Grund handelt, vgl. § 304 Abs. 2 ZPO. Gegen Versäumnisurteile ist die Berufung nicht statthaft, soweit die Möglichkeit des Einspruchs gegeben ist, § 514 ZPO.
Zuständiges Berufungsgericht für die Berufungen gegen amtsgerichtliche Urteile – mit Ausnahme von Kindschafts- und Familiensachen – ist das Landgericht, §§ 72, 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG. Eine weitere Ausnahme gilt in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG. Zuständiges Berufungsgericht für Berufungen gegen landgerichtliche Urteile ist in jedem Fall das Oberlandesgericht, § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG.
Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat, vgl. § 511 Abs. 2 ZPO.
Das Gericht hat die Berufung gem. § 511 Abs. 4 ZPO auch zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes erfordert und die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 EUR beschwert ist. Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Gem. § 517 ZPO ist die Berufung innerhalb eines Monats einzulegen. Es handelt sich hierbei um eine Notfrist. Diese beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteiles, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteiles. Sie läuft für jede Partei gesondert. Soweit das anzugreifende Urteil innerhalb der Berufungsfrist durch eine nachträgliche Entscheidung gem. § 321 ZPO ergänzt wird, beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem.
Gem. § 519 ZPO ist die Berufung schriftlich durch einen beim Berufungsgericht zugelassenen Anwalt beim Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des angegriffenen Urteiles sowie die Erklärung, dass Berufung eingereicht wird, enthalten. Der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt werden, vgl. § 519 Abs. 2 und 3 ZPO.
Gem. § 520 ZPO hat der Berufungskläger die Berufung zu begründen. Fehlt eine hinreichende Berufungsbegründung, führt dies zur Unzulässigkeit der Berufung. Sie muss auf den konkreten Fall zugeschnitten sein und in ausreichender Weise erkennen lassen, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils bekämpft und welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe ihnen im Einzelnen entgegengehalten werden.
Die Berufungsbegründungsfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteiles, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsbegründungsfrist ist verlängerbar. Sie kann ohne Einwilligung des Gegners um einen weiteren Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt, § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Nach der Zivilprozessreform kann gem. § 513 ZPO auch die Berufung nur noch darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Gem. § 529 ZPO hat das Berufungsgericht die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine neue Feststellung gebieten, seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen. Hierbei sind auch die Tatsachen zugrunde zu legen, die auch das erstinstanzliche Gericht in seiner Entscheidung ohne Prüfung der Wahrheit zugrunde gelegt hat, weil sie offenkundig oder gerichtsbekannt, ausdrücklich zugestanden oder unstreitig waren, oder weil sich aus gesetzlichen Vermutungen oder Beweis und Auslegungsregeln ergeben haben. Konkrete Ansatzpunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit des erstinstanzlichen Gerichtes begründen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhaltes unterlaufen sind oder aus neuen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, soweit diese in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen sind.
Neue Tatsachen sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie gem. § 531 ZPO zuzulassen s...