Rz. 293
Im Gegensatz zum Arrest, der der Sicherung der Vollstreckung einer Geldforderung dient, dienen einstweilige Verfügungen entweder der Sicherung sonstiger Individualansprüche (Sicherungsverfügung, § 935 ZPO) oder der vorläufigen Regelung eines einstweiligen Zustandes (Regelungsverfügung, § 940 ZPO). Mit dem Zweck einer vorläufigen Maßnahme eigentlich unvereinbar sind die von der Rechtsprechung anerkannten sog. "Leistungsverfügungen" (Befriedigungsverfügung Zug-um-Zug), die zur vorläufigen Befriedigung des Gläubigers führen. Voraussetzung hierfür ist neben den allgemeinen Voraussetzungen eines Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrundes regelmäßig, dass der Gläubiger auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist. Wichtige Anwendungsbereiche sind hierbei Allgemeinansprüche auf die der Gläubiger zur Sicherung seines Lebensunterhalts angewiesen ist, auf Unterhalt, Lohn-, Gehalt- und Rentenzahlung o.Ä. Darüber hinaus sind jedoch auch Leistungsverfügungen zur Sicherung sonstiger Handlungen möglich, wie z.B. Lieferung von Gas, Wasser oder Strom, oder die Erfüllung von gegenseitigen Ansprüchen aus einem Dauerschuldverhältnis bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen eines Kündigungsgrundes.
1. Zuständigkeit
Rz. 294
Gem. § 937 ZPO ist für den Erlass einer einstweiligen Verfügung das Gericht zuständig, das auch für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig wäre. Falls die Hauptsache anhängig ist, ist das Gericht zuständig,
bei dem der Rechtsstreit in der Hauptsache geführt wird. In dringenden Fällen ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben, in dessen Bezirk sich der Streitgegenstand befindet.
2. Verfahren
Rz. 295
Für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gelten gem. § 936 ZPO die Vorschriften über die Anordnung des Arrestes entsprechend, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Voraussetzung ist also ein Verfügungsanspruch sowie ein Verfügungsgrund. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Die Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen. Gem. § 937 Abs. 2 ZPO kann das Gericht über eine einstweilige Verfügung in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Da hierdurch die Gefahr der Verkürzung des Rechts auf rechtliches Gehör besteht, hat sich in der Praxis – insbesondere im Wettbewerbsrecht – das Rechtsinstitut der Schutzschrift etabliert (vgl. Rdn 307). Hierdurch kann sich der potentielle Antragsgegner vorbeugend gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verteidigen. Im einstweiligen Verfügungsverfahren führt die Niederlegung der Schutzschrift regelmäßig dazu, dass das Gericht nicht ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Soweit das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt, gelten grds. die allgemeinen Verfahrensvorschriften, wobei Fristabkürzungen gem. §§ 217, 226 ZPO in Betracht kommen. Beweisaufnahmen sind nur soweit zulässig, als sie sofort erfolgen können. Nach mündlicher Verhandlung entscheidet das Gericht durch Urteil.
3. Rechtsbehelf
Rz. 296
Hier gilt das oben bereits zum Arrestverfahren Gesagte (vgl. Rdn 290).
4. Vollziehung
Rz. 297
Gem. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO ist die einstweilige Verfügung innerhalb eines Monates zu vollziehen. Dies setzt – sowohl bei der Beschluss- als auch bei der Urteilsverfügung – in der Regel die Zustellung im Parteibetrieb zum Zwecke der Vollziehung voraus. In Einzelfällen können noch weitere Vollstreckungsmaßnahmen, wie z.B. Eintragungen ins Grundbuch, Pfändungen, Pfändungsauftrag o.Ä., erforderlich sein.
Bei der Beschlussverfügung ist dann gem. § 929 Abs. 3 ZPO die Zustellung im Parteibetrieb erforderlich (vgl. Rdn 292).