Rz. 116
Nach den §§ 54, 55 SGB I und § 850e Nr. 2a ZPO sind zu unterscheiden die Pfändungen von einmaligen Sozialgeldleistungen (z.B. Sterbegeld) und laufenden Sozialgeldleistungen mit Lohnersatzfunktion (z.B. Rente, Grundsicherung für Arbeitsuchende [Hartz IV], Grundsicherung für Erwerbsunfähige).
a) Einmalige Sozialgeldleistungen
Rz. 117
Gem. § 54 Abs. 2 SGB I sind bei der Pfändung von einmaligen Sozialleistungen ausführliche Darlegungen zur Billigkeit der Pfändung vorzunehmen. Hierbei sind vom Gläubiger, soweit möglich, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Leistungsberechtigten, die Art des beizutreibenden Anspruchs und vor allem die Zweckbestimmung der Geldleistung darzulegen. Bei Letzteren ist darzulegen, ob die Sozialgeldleistung durch die Pfändung quasi ihrer Zweckbestimmung zugeführt wird. Kann diese Darlegung positiv beantwortet werden, ist grds. von einer Billigkeit der Pfändung auszugehen. Auf jeden Fall kann der Gläubiger auf die zweckgerichtete Sozialleistung zugreifen, der die Gegenleistung zur Zweckerreichung erbracht hat.
b) Laufende Sozialgeldleistungen
Rz. 118
Die laufenden Sozialleistungen, mit Ausnahme des Elterngeldes in bestimmter Höhe, des Mutterschaftsgeldes und einiger Sozialleistungen, die dafür bestimmt sind, den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand auszugleichen, § 54 Abs. 3 SGB I, und des für einen normalen Gläubiger unpfändbaren Wohngeldes, sind wie Arbeitseinkommen gem. den §§ 850 ff. ZPO pfändbar. Bei der Pfändung von laufenden Sozialleistungen sind Billigkeits- und Sozialhilfebedürftigkeitsprüfung und die vorherige Anhörungspflicht des Schuldners nicht nötig.
Rz. 119
Gem. § 54 Abs. 5 SGB I ist Kindergeld für normale Gläubiger nicht pfändbar. Eine Pfändungsmöglichkeit besteht nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes, das bei der Festsetzung der Kindergeldleistung berücksichtigt wird. § 54 Abs. 5 SGB I regelt darüber hinaus auch die Höhe des pfändbaren Betrages. Das gilt künftig nicht nur für das Kindergeld, sondern auch für sonstige Sozialleistungen zugunsten von Kindern.
c) Pfändungsschutz
Rz. 120
Zu beachten ist, dass bei Zahlung von Sozialgeldleistungen auf das Konto des Schuldners der bisherige Pfändungsschutz nach § 55 SGB I mit Ablauf des 31.12.2011 außer Kraft getreten ist. Arbeitseinkommen wie Sozialleistungen sind dann nach der Überweisung auf ein Konto – wie andere Einkünfte – nur noch dann geschützt, wenn es sich um ein Pfändungsschutzkonto i.S.d. § 850k Abs. 7 ZPO handelt und die Grenzen der §§ 850k Abs. 1 und 2 ZPO bzw. der gerichtlichen Festsetzung nach § 850k Abs. 3 und 4 ZPO eingehalten werden. Mit der Reform des P-Kontos werden diese Folgen ab dem 1.1.2022 teilweise in den § 899 ff. ZPO geregelt.
d) Rentenansprüche
Rz. 121
Nach dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches vom 13.6.1994 ist auch die Pfändung von künftigen Rentenansprüchen möglich. In § 54 Abs. 4 SGB I ist festgelegt, dass Ansprüche auf laufende Sozialgeldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Abgeschafft wurden die Billigkeitsprüfung, die Prüfung, ob der Schuldner durch die Pfändung sozialhilfebedürftig wird und die Anhörungspflicht des Schuldners. Diese künftigen Rentenansprüche werden wie Arbeitseinkommen gepfändet.
Rz. 122
Auch für die Pfändung von Sozialleistungen ist auf das verbindliche Formular nach der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung zurückzugreifen. Im Einzelfall muss allerdings angesichts der Kosten genau abgewogen werden, ob ein Vollstreckungserfolg zu erwarten ist.
Bei der Pfändung von einmaligen Sozialgeldleistungen ist das Formular um die Ausführungen zur Billigkeit, bezogen auf den konkreten Einzelfall, zu ergänzen.