Rz. 87

Das Vermögensverzeichnis muss vom Gläubiger dahin ausgewertet werden, ob es

1. vollständig,
2. in sich widerspruchsfrei ist und
3. mit sonstigen Informationen, über die der Gläubiger aus anderen Quellen verfügt, in Einklang gebracht werden kann.

Eine Ergänzung des Vermögensverzeichnisses (Nachbesserung) kann von einem Gläubiger bei dem Gerichtsvollzieher, der die Vermögensauskunft abgenommen hat, beantragt werden, wenn begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis unvollständige, ungenaue oder widersprüchliche Angaben gemacht hat.[89] Der Gesetzgeber hat dies auch mit der Reform der Sachaufklärung nicht gesetzlich geregelt, sondern es der bisherigen Praxis und Rechtsprechung überlassen, dieses Recht auszuformen. Grundlage der Nachbesserung ist die Pflicht zur vollständigen Vermögensoffenbarung, §§ 802c, 802d ZPO. Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer Vermögensauskunft auch verlangen, wenn er glaubhaft macht, dass der Schuldner versehentlich unzutreffende Angaben zum Drittschuldner einer im Vermögensverzeichnis genannten Forderung gemacht hat.[90] Man spricht vom sogenannten Nachbesserungsverfahren. Da der Gerichtsvollzieher genau solche Fehler zu vermeiden hat, ist das Verfahren für den Gläubiger wegen unrichtiger Sachbehandlung nach § 7 GvKostG kostenfrei, bei den Gerichtsvollziehern dementsprechend unbeliebt.

 

Praxistipp

Der Gläubiger hat auch die Möglichkeit ein nur ihm zugängliches Vermögensverzeichnis mit größerer Aussagekraft zu erlangen. Durch Stellung eines Insolvenzantrages gegen den Schuldner wird von Amts wegen die Ermittlung des Schuldnervermögens durchgeführt (§§ 151 ff. InsO). Im Gegensatz zu § 802c und d ZPO werden hierbei auch die Schulden ermittelt, so dass ein nicht zu unterschätzender Überblick über die wirtschaftliche Gesamtsituation des Schuldners gegeben ist. Insbesondere können sich daraus Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Schuldner schon vermögenslos war, als er bei dem Gläubiger die neue Verpflichtung begründet hat. Ein solcher Eingehungsbetrug führt über §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu einer vorsätzlich unerlaubten Handlung, die nach § 850f Abs. 2 ZPO und § 302 ZPO zu deutlichen Vorteilen in der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz führt. Allerdings kann die Stellung eines Insolvenzantrages deutlich teurer kommen als die Durchführung des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft nach §§ 802c ff. ZPO.

[89] Vgl. BGH v. 15.12.2016 – I ZB 54/16, NJW-RR 2017, 633; Zöller/Seibel, § 802d Rn 17.

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