I. Typischer Sachverhalt

 

Rz. 151

Herr Mack hat gegen Herrn Klamm einen Titel erwirkt, in dem Herrn Klamm aufgegeben worden ist, die zwischen den Grundstücken der Parteien gelegene Mauer abzureißen. Trotz des zwischenzeitlich rechtskräftigen Titels hat Herr Klamm bis zum heutigen Tag die Mauer nicht abgerissen. Nunmehr soll der Abriss der Mauer mit Hilfe von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt werden.

II. Rechtliche Grundlagen

1. Begriff

 

Rz. 152

Die Handlung des Entfernens der Mauer ist durch Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO möglich. Es handelt sich um eine vertretbare Handlung, d.h. eine Handlung, die auch ein Dritter mit dem gleichen wirtschaftlichen Erfolg vornehmen kann.[130] Der Schuldner kann insoweit vertreten werden. Diese Handlung kann dadurch erzwungen werden, dass das Gericht den Gläubiger ermächtigt, die Handlung auf Kosten des Schuldners durch einen Dritten vornehmen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

[130] Die Abgrenzung zwischen vertretbaren und unvertretbaren Handlungen kann im Einzelfall schwierig sein, vgl. ausführlich mit Checklisten und Rspr.-Nachw. Goebel, AnwaltFormulare Zwangsvollstreckung, § 13.

2. Voraussetzungen

 

Rz. 153

Voraussetzung ist, dass ein Titel vorliegt, der auf die Vornahme einer vertretbaren Handlung lautet. Gem. § 887 Abs. 3 ZPO darf diese vertretbare Handlung weder in einer Geldzahlung noch in der Herausgabe oder Leistung von Sachen liegen und sie darf gem. § 894 ZPO auch nicht in der Abgabe einer Willenserklärung bestehen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass ein Antrag des Gläubigers unter genauer Bezeichnung der zur Herbeiführung der geschuldeten Handlung verlangten Maßnahme vorliegt. Schließlich müssen die übrigen allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. Rdn 3 ff.).

3. Beschluss

 

Rz. 154

Zuständig für die Entscheidung über den Antrag ist gem. § 887 Abs. 1 ZPO das Prozessgericht erster Instanz. Es entscheidet durch Beschluss. Der Schuldner hat die Vornahme der Handlung zu dulden. Zur Beseitigung etwaigen Widerstandes des Schuldners kann sich der Gläubiger der Hilfe des Gerichtsvollziehers bedienen.

Zur Vorauszahlung von Kosten, die voraussichtlich durch die Ersatzvornahme entstehen werden, kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers durch Beschluss gem. § 887 Abs. 2 ZPO verurteilt werden.

4. Rechtsbehelf

 

Rz. 155

Gegen den Ermächtigungsbeschluss nach § 887 ZPO und den Kostenvorschussbeschluss nach § 887 Abs. 2 ZPO ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO gegeben.[131] Sollte der Schuldner den Erfüllungseinwand erheben, so ist auch dieser aus prozessökonomischen Gründen im Verfahren nach § 887 ZPO zu berücksichtigen.[132]

[131] Beim Kostenvorschussbeschluss ist allerdings zu beachten, dass der Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO erreicht ist.
[132] Vgl. BGHZ 161, 67 ff.

III. Muster: Antrag nach § 887 ZPO

 

Rz. 156

Muster 58.31: Antrag nach § 887 ZPO

 

Muster 58.31: Antrag nach § 887 ZPO

An das

Amtsgericht/Landgericht

in _____

In der Zwangsvollstreckungssache

des _____

– Gläubiger und Antragssteller –

Verfahrensbevollmächtigte: RAe _____

gegen

den _____

– Schuldner und Antragsgegner –

Verfahrensbevollmächtigte: RAe _____

überreiche ich im Namen und in Vollmacht des Gläubigers die vollstreckbare Ausfertigung des _____ vom _____, Az: _____ (genaue Bezeichnung des Vollstreckungstitels), nebst Zustellbescheinigung.

Im Namen und im Auftrag des Gläubigers wird beantragt,

1.) den Gläubiger zu ermächtigen, die dem Schuldner nach dem _____ (genaue Bezeichnung des Vollstreckungstitels) obliegende vertretbare Handlung, nämlich _____, auf Kosten des Schuldners im Wege der Ersatzvornahme durch den Gläubiger oder einen von ihm zu beauftragenden Dritten vornehmen zu lassen.
2.) anzuordnen, dass der Schuldner die im Wege der Ersatzvornahme notwendigen Maßnahmen, nämlich _____, zu dulden hat, insbesondere, dass der Gläubiger bzw. der von ihm beauftragte Dritte das Grundstück des Schuldners in der _____Straße in _____ betreten, sowie dass _____.
3.) den Schuldner zu verurteilen, an den Kläger für die durch die nach Ziffer 1.) vorzunehmende Ersatzvornahme einen Kostenvorschuss in Höhe von _____ EUR zu zahlen.

Zur Begründung wird Folgendes ausgeführt:

Ausweislich des in der Anlage beigefügten Vollstreckungstitels des _____ vom _____, Az: _____, ist der Schuldner verpflichtet, _____. Dieser Verpflichtung ist der Schuldner bisher nicht nachgekommen. Die ausdrückliche Aufforderung zur Erfüllung seiner Verpflichtung vom _____ unter Fristsetzung zum _____ hat der Schuldner unbeachtet gelassen.

Die vom Schuldner geschuldete Handlung stellt eine vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO dar, da die Handlung auch von dem Gläubiger bzw. einem von diesem zu beauftragenden Dritten ausgeführt werden kann, ohne dass sich aus Sicht des Gläubigers etwas am wirtschaftlichen Erfolg oder am Charakter der Handlung ändert. Der Schuldner kann insoweit bei der Erfüllungshandlung vertreten werden. Dies ergibt sich daraus, dass _____.

Sollte das Gericht hier anderer Auffassung sein, wird um einen rechtlichen Hinweis nach § 139 ZPO gebeten, damit der Antrag auf einen solchen nach § 888 ZPO umgestellt oder jedenfalls ein entsprechender Hilfsa...

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