1. Zweck
Rz. 80
Durch die Abnahme der Vermögensauskunft kann der Gläubiger Einblick in die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Schuldners erhalten, der in diesem Verfahren ein Vermögensverzeichnis zu erstellen und dessen Vollständigkeit und Richtigkeit an Eides statt zu versichern hat. Dabei ist vom Schuldner sein Einkommen und Vermögen in zugriffsfähiger Form anzugeben, insbesondere muss er also auch Namen und Anschrift potentieller Drittschuldner nennen. Im Anschluss daran kann der Gläubiger klären, welche Vollstreckungsmöglichkeiten überhaupt bestehen bzw. auch eine Möglichkeit zur zumindest teilweisen Befriedigung der Vollstreckungsforderung bieten. In der Praxis muss der Gläubiger sein Augenmerk darauf richten, dass der Schuldner nach § 802c ZPO über sein "Vermögen" Auskunft zu erteilen hat. Es ist anerkannt, dass der von den Gerichtsvollziehern verwandte Vordruck insoweit nicht abschließend ist. Ggf. müssen deshalb weitere Fragen gestellt werden. Nicht verkannt werden darf für die Praxis, dass der Antrag den Schuldner nicht selten bewegt, sich mit dem Gläubiger oder seinem Vertreter in Verbindung zu setzen, um eine gütliche Einigung zu erreichen.
2. Voraussetzungen/Antrag
Rz. 81
Es bestehen keine besonderen Voraussetzungen, um die Abnahme der Vermögensauskunft beantragen zu können. Vielmehr handelt es sich um eine der fünf alternativ zur Verfügung stehenden Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers nach § 802a ZPO. Das Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft wird auf Antrag des Gläubigers durch den zuständigen Gerichtsvollzieher eingeleitet. Zuständig ist nach § 802e ZPO der Gerichtsvollzieher, in dessen Bezirk der Schuldner bei Antragstellung seinen allgemeinen Wohnsitz hat (§§ 12, 13, 17 ZPO), in Ermangelung eines solchen, in dessen Bezirk er sich aufhält. Spätere Wohnsitzwechsel lassen die einmal begründete Zuständigkeit also unberührt. Bei Vorliegen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen bestimmt der Gerichtsvollzieher einen Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft.
Da die Abnahme der Vermögensauskunft weiterhin dem Gerichtsvollzieher obliegt, kann zur Beschleunigung des Verfahrens ein kombinierter Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft und jede andere der fünf Regelbefugnisse, etwa eine anschließende Sachpfändung oder auch Vorpfändung, in jedem Fall aber die gütliche Einigung, gestellt werden. Die Voraussetzungen für einen solchen Antrag sind die gleichen wie bei getrennt gestellten Anträgen. Der Vorteil liegt darin, dass der Gerichtsvollzieher nach der Vorlage des Vermögensverzeichnisses und der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unmittelbar die weitere Vollstreckung einleiten kann und so Zeitvorteile entstehen. Die taktischen Vor- und Nachteile müssen gut gegeneinander abgewogen werden.
Nach § 754a ZPO kann die Antragstellung unter den dort genannten Voraussetzungen elektronisch erfolgen. Dies sollte nicht nur aus Kostengründen, sondern auch wegen der Zeitvorteile genutzt werden.
3. Pflicht des Schuldners
Rz. 82
Der Schuldner hat in dem Termin ein Vermögensverzeichnis vorzulegen und an Eides statt zu versichern, dass seine Angaben richtig und vollständig sind. Die Übersendung eines einfachen oder notariellen Vermögensverzeichnisses lässt diese Frist nicht entfallen. Anderes kann allerdings gelten, wenn sich der Gläubiger auf die Vorlage eines solchen privaten Vermögensverzeichnisses eingelassen hat. Der Schuldner hat die Erklärungen auch höchstpersönlich abzugeben, kann sich also nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Wendet der Schuldner ein, er sei krank, kann der Gläubiger Abnahme der Vermögensauskunft in der Wohnung des Schuldners oder im Krankenhaus beantragen (§ 219 ZPO). Eine Gesundheitsgefährdung schließt die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht aus. Der Gläubiger hat ein Anwesenheitsrecht beim Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft. Diese Teilnahme ist – jedenfalls bei höheren Forderungen – vielfach zweckmäßig, da zum unzureichenden amtlichen Vermögensverzeichnis Zusatzfragen gestellt werden können, die z.B. zur Aufdeckung von weiteren unbekannten Vermögenswerten des Schuldners führen können. Nachfragen im Termin werden großzügiger gehandhabt als die Durchführung eines späteren Nachbesserungsverfahrens. Führt der Schuldner im Termin zugleich auch wertvolle Gegenstände mit sich (Anreise mit Pkw, Bargeld, Handy) kann nach § 754 ZPO mündlich ein Sachpfändungsauftrag im Termin erteilt werden. Anderenfalls erfolgt – mangels Auftrag – keine Pfändung.
Die Auskunftsverpflichtung nach § 802c ZPO erstreckt sich auch auf künftige Forderungen des Schuldners, sofern der Rechtsgrund und der Drittschuldner der Forderung im Zeitpunkt der Auskunftserteilung hinreichend bestimmt sind. Bei künftigen Forderungen eines selbstständig tätigen Schuldners gegen seine Kunden ist diese Voraussetzung allerdings regelmäßig ...