Rz. 33
Die Übertragung oder Abtretung einer Forderung bedeutet, dass der Inhaber einer Forderung, der Gläubiger, die Forderung gegen den Schuldner einem anderen in der Weise überträgt dass dieser neuer Gläubiger der Forderung wird. Der alte Gläubiger heißt dann Zedent oder Abtretender, der neue Zessionar oder Abtretungsnehmer.
Hierzu bedarf es gem. § 398 BGB eines Vertrages zwischen dem alten und dem neuen Gläubiger. Der Schuldner braucht an diesem Vertrag nicht mitzuwirken, er hat folglich auch keine Möglichkeit, die Übertragung zu verhindern.
I. Abtretbarkeit
Rz. 34
Grundsätzlich sind alle Forderungen abtretbar. Hiervon gibt es jedoch bedeutsame Ausnahmen.
Nicht abtretbar sind:
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Forderungen, die sich auf eine Leistung beziehen einem anderen gegenüber nicht ohne Veränderung ihres Inhalts geleistet werden könnte, § 399 1. HS BGB. Dies gilt bei Ansprüchen auf Unterhalt, auf Bestellung von persönlichen Dienstbarkeiten oder aus Auftrag, etc. |
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Forderungen, deren Übertragung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist (§ 399 2. Halbsatz BGB) |
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unpfändbare Forderungen gem. § 400 BGB. |
Schmerzensgeldansprüche gem. § 847 BGB sind inzwischen entgegen früherer Rechtslage abtretbar.
II. Form der Abtretung
Rz. 35
Grundsätzlich erfolgt die Abtretung formfrei. Da jedoch die Forderung abstrakt, d.h. nicht verkörpert ist, empfiehlt es sich in jedem Fall, die Abtretung schriftlich vorzunehmen, schon allein, um den Schuldner gem. § 410 Abs. 1 BGB zur Zahlung verpflichten zu können.
Die Abtretung muss die abgetretene Forderung genau bezeichnen, wenn sie nicht unwirksam sein soll.
Der neue Gläubiger kann im Übrigen gem. § 403 BGB eine öffentlich beglaubigte Abtretungsurkunde verlangen.
Rz. 36
Muster 1: Abtretungsurkunde
Muster: Abtretungsurkunde
Hiermit trete ich, _________________________, die mir gegen _________________________ zustehende Forderung aus Kaufpreisanspruch in Höhe von 1.000,00 EUR an _________________________ ab.
Ort, Datum und Unterschrift
III. Stellung des neuen Gläubigers
Rz. 37
Der neue Gläubiger rückt durch die Abtretung in die Stellung des bisherigen Gläubigers ein. Er erwirbt also die Forderung in dem Zustand, in dem sie auch der alte Gläubiger innehatte. An der Forderung "haftende" Nebenrechte oder Sicherheiten, wie beispielsweise eine Hypothek oder eine Bürgschaft für die Forderung gehen automatisch mit auf den neuen Gläubiger über.
Gleiches gilt jedoch auch für Umstände, die eine Durchsetzung der Forderung gegenüber dem Schuldner zum Zeitpunkt der Übertragung verhindern, wie dies z.B. bei einer Stundungsabrede der Fall ist.
Der alte Gläubiger ist dem neuen Gläubiger auf Verlangen verpflichtet, die zur Geltendmachung der Forderung notwendigen Auskünfte zu erteilen und zum Beweis des Bestehens der Forderung dienende Urkunden auszuhändigen, soweit sie sich in seinem Besitz befinden (§ 402 BGB).
IV. Stellung des Schuldners
Rz. 38
Aus der Tatsache, dass die Forderung in dem Zustand übertragen wird, in dem sie sich beim alten Gläubiger befunden hat, folgt, dass dem Schuldner alle Einwendungen zustehen, die er auch gegenüber dem alten Schuldner gehabt hätte.
Rz. 39
Der Schuldner kann darüber hinaus auch dem neuen Gläubiger gegenüber mit einer ihm dem alten Schuldner gegenüber zustehenden Forderung aufrechnen, wenn nicht diese Forderung in Kenntnis der Abtretung erworben worden oder erst nach Erlangung der Kenntnis von der Abtretung und später als diese fällig geworden ist (§ 406 BGB). Dies weicht von den allgemeinen Aufrechnungsregeln insofern ab, als diese voraussetzen, dass die Forderung, gegen die aufgerechnet wird, dem Schuldner der Aufrechnungsforderung zusteht. § 406 BGB bewirkt damit einen Schuldnerschutz, da ansonsten durch Abtretung einer eigentlich aufrechenbaren Forderung ein finanzschwacher Gläubiger die Erfüllung einer gegen ihn gerichteten Forderung vereiteln könnte.
Beispiel
A, der unmittelbar vor der Insolvenz steht, tritt B eine fällige Kaufpreisforderung gegen S in Höhe von 1.000,00 EUR ab. S hat seinerseits eine aufrechenbare Kaufpreisforderung gegen A in Höhe von 2.500,00 EUR.
Nach den allgemeinen Aufrechnungsregeln wäre S hier verpflichtet, an den B auf die Forderung zu zahlen. Aufrechnen könnte er nicht, weil er gegen B keine Forderung hat. Gleichzeitig hätte er nur geringe Chancen, seine eigene Forderung gegen A zu realisieren, da dieser nicht leistungsfähig ist.
S ist hier jedoch gem. § 406 BGB berechtigt, seine Forderung gegen die dem nunmehr B zustehende Forderung über 1.000,00 EUR aufzurechnen.